Debüt mit hoher Qualität
Allein schon der sperrige Titel des Romans zeigt an, dass hier kein griffiger
und leicht dahinplätschernder Mainstream Roman zu erwarten ist, sondern die
Kreativität und Phantasie des Autors weite Wege zu gehen bereit ist. Eine
Erwartung, die nicht nur nicht enttäuscht wird bei der Lektüre des Buches,
sondern durchaus übertroffen wird. Vor allem, weil es Jonasson ohne weiteres
gelingt, die Phantasie nicht zu sehr ausschweifen zu lassen, sondern die
Geschichte seines Protagonisten in der Gegenwart und der Vergangenheit (beide
Stränge liegen im Buch nebeneinander vor), zielgerichtet und intensiv zu
erzählen.
Viele kleine Fäden spinnt Jonasson in seinem Erstlingswerk, die allesamt in
sich schlüssig konstruiert und mit wunderbarer Sprache auf den Punkt gebracht
wird. Ein Roman, in dem die Figuren je liebevoll in ihren vielfachen
Besonderheiten ausgearbeitet werden und ein homogenes Gesamtbild ergeben, das
mit trockenem Humor versehen die phantastische Geschichte jederzeit nach vorne
befördert, selbst in den Teilen des Romans, die dem ausführlichen Rückblick
dienen. Denn jener 100 jährige Allan Karlson, der am Tag seines Jubiläums auf
dieser Welt mit müden Knochen und in Pantoffeln das Seniorenheim durchs Fenster
verlässt, ist einer, der sich zu helfen weiß und dadurch auch vielen anderen
Wege zu ebnen versteht.
In der Anlage ähnlich wie ein Forrest Gump (allerdings ohne dessen grenzenlose
Naivität) hat er im Leben schon ganz andere Situationen gemeistert als diese
Flucht aus dem kleinen Ort. Schon im vorbeigehen am Busbahnhof nimmt er einen
Koffer an sich (zum Aufpassen anvertraut von einer zwielichtigen Gestalt, die
das Ende des Buches nicht erleben wird). Aber herrenlos stehen lassen kann er
ihn doch nicht und der Mann, der ihm den Koffer gab, kommt und kommt nicht
herunter von der Toilette des Busbahnhofs.
Mitsamt Koffer macht sich Karlsen auf den Weg, soweit 50 Kronen reichen. Steigt
aus fast im Niemandsland und trifft auf einen Kleinkriminellen, der sich dorthin
zurückgezogen hatte und gefallen an dem munteren Senior findet, ihn zudem
kongenial ergänzt. Wie auch weitere Personen hinzutreten. Eine Gruppe, die bald
landesweit zur Fahndung ausgeschrieben sein wird. Mitsamt einem Elefanten, der
eine tragende Rolle spielen wird.
Aber einer, der schon in jungen Jahren einen prominenten Bewohner des Dorfes mit
Dynmait in die Ewigkeit verabschiedete (ungewollt), der mit Franco speiste,
Truman nebenbei die technische Lösung der Atombombe verriet, dies mit
flaschenweise Tequila begoss und damit wieder einen Freund fürs Leben gewonnen
hat, einer, der Maos Verlobte zu retten verstand und, weil er sich mit Stalin
persönlich anlegte (dem verriet der das Geheimnis der Atomspaltung nicht!)
durch jenen Mao irgendwann gerettet werden musste, ein solcher Mann lässt sich
von der schwedischen Polizei nicht einfach so fangen. Im Gegenteil. Eine der
interessantesten Figuren des Buches ist jener mit der Fahndung beauftragte
Kommissar Aronson. Jonasson gelingt es sprachlich treffend, fast spielerisch,
die innere Entwicklung dieses Polizisten (einsam und leer zunächst) wunderbar
zu schildern, als dieser auf die Gruppe der flüchtenden Ausreißer und
vermeintlichen Schwerverbrecher trifft. Denn das ist die eigentliche Kraft des
Hunderjährigen, dass er durch seine klare Linie und trockene Art der
Lebensbetrachtung Menschen in seinen Bann zu ziehen vesteht, die nicht
unverändert danach im Raume stehen bleiben können. Menschen die Alan Karlson
ein Leben lang verbunden bleiben (außer Stalin eben), so wie ganz zum Schluss
seine ehemals enge Freundschaft zum inzwischen verstorbenen Halbbruder von
Albert Einstein allen Beteiligten ein Happy End bescheren wird. Nach so
mancherlei Aufregungen und weiten Wegen, auf denen unter anderem "Allan und
Herbert hatten Chaos stiften wollen, und nun hatten sie weiß Gott Chaos
gestiftet". Ein Chaos, welches den beiden zu Zeiten zur Flucht aus dem
Gulag hilfreich war.
Fazit
Erfrischend anders schreibt Jonas Jonasson seine Geschichte auf. In sich logisch
bis ins kleinste Details ausgearbeitet, mit Figuren, die allesamt in den Bann zu
ziehen verstehen, versehen mit einem trockenem Humor und einer differenzierten
Sprache, welche die Lektüre zum reinen Genuss werden lassen. Ein wunderbares
Buch.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 24. August 2011 2011-08-24 06:50:08