Interdisziplinäres Handbuch
Wie bisher alle Bücher der interdisziplinären Reihe des Metzler Verlages zu
einerseits hochaktuellen und andererseits existentiellen Themen menschlicher
Existenz und gesellschaftlicher Entwicklung bietet auch dieser Band fundierte
und auf hohem Niveau dargelegte Ergebnisse, Überlegungen, Einlassungen aus
Wissenschaft und Forschung.
Genauer wendet sich dieser Band Phänomenen, Theorien und Kontroversen des
breiten Bereiches der Globalisierung aus verschiedenen Fachrichtungen zu und
bietet in dieser Form ein umfassendes Bild des aktuellen Standes der
Überlegungen. Gekennzeichnet durch tiefgreifende Transformierungsprozesse ab
dem Beginn der 90er Jahre hat kaum ein Begriff weltweit für solche Hoffnungen,
Versprechungen, aber auch Sorgen gesorgt wie jene "Globalisierung" und
kaum ein Prozess der Geschichte hat solch tiefgreifende, weltweit spürbare
Umwälzungen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Seins nach sich gezogen wie
eben jene weltweite Vernetzung von Wirtschaft, Information, Wissen, Kultur,
Medien, Arbeitsmarkt und Finanzwirtschaft.
So gilt die grundlegende Voraussetzung im Buch ungebrochen: "Globalität
wird allgemein als eine der wesentlichen Handlungsbedingungen sowohl für
wirtschaftliche und politische Akteure, als auch im kulturellen und
lebensweltlichen Bereich verstanden".
Trotz der breiten Bedeutung des Geschehens der Globalisierung ist allerdings
allein schon die Begrifflichkeit kontrovers diskutiert, vor weniger die
Auswirkungen dieser Transformationsprozesse. Eine Kontroverse der
Betrachtungsweisen, die sich im Buch durchaus niederschlägt und einer
differenzierten Bearbeitung zugeführt wird.
Aus vielerlei Richtungen nähern sich die Autoren dem Begriff und stellen
zunächst die Phänomene von Globalisierung im ökonomischen, politischen,
rechtlichen, sozialen, technischen und vielen andern Blickrichtungen her dar,
bevor ein ebenfalls grundlegender Blick auf die Globalisierungsforschung im
Rahmen der Kultur- und Sozialwissenschaften geworfen wird. Hier sei im
Besonderen auf die Darstellung Friedrich Balkes in Bezug auf die Relevanz in
Medien- und Kulturwissenschaft hingewiesen. In kaum einer anderen Disziplin wird
deutlich, wie sehr sich mittlerweile Gegenstand der Forschung und Voraussetzung
miteinander durchdringen. Gerade in Bezug auf Medien und Kultur ergibt sich eine
starke Beförderung des "Globalisierungsschubs" einerseits und durch
die zunehmende kulturelle und mediale, weltweite Vernetzung ebenso weitgehende
Impulse für die Kultur- und Medienlandschaft selbst.
Den Hauptteil des Buches bilden die "Kernthemen der
Globalisierungsdiskussion". In diesem Teil wird die anfangs erwähnte
Uneinheitlichkeit der Betrachtungsweisen fundiert und klar aufgezeigt, die
Standpunkte nachvollziehbar formuliert und aus allgemeiner, ökonomischer,
politischer, sozialer, religiöser und technologischer Sichtweise akzentuiert
dargestellt. Wieweit sich unter anderem religiös-fundamentalistische
Strömungen jeglicher Coleur auch aus einem drohendem Identitätsverlust
speisen, wieweit sich die potentiell zunehmende Tendenz der Urbanisierung und
der damit einhergehenden Landflucht mitsamt aller schwierigen Folgen für das
Gemeinschaftsgefüge als Folge zunehmender Globalisierung verstehen lassen, ist
nur eine der vielfach lohnenswerten Betrachtungen im Buch.
Ebenfalls aufgenommen wird, in eher knapper Form, der Bereich der
Globalisierungskritik mit, unter anderem, einem Schwerpunkt in der Frage,
wieweit ein öffentlicher (reglementierenden und kontrollierendem) Diskurs
seine kritische Funktion noch erfüllen kann, wenn die Instanzen der
wirtschaftlichen und rechtlichen Regulierungen kaum mehr als in der Gemeinschaft
der jeweiligen Staatsbürger verwurzelt gekennzeichnet werden können. Ein
interessanter Teil des Buches gerade auf dem aktuellen Hintergrund stärker
werdender nationaler Diskussionen angesichts der Finanzkrise in der
europäischen Gemeinschaft.
Fazit
Ein anspruchsvolles, auch in Stil und Form wissenschaftliches Buch, dessen
Erarbeitung sich zumindest in Teilen hochgradig lohnt, um Argumente,
Erscheinungsformen, aber auch Prognosen der Globalisierung näher zu erfassen.
Eine Erarbeitung, die allerdings hohe Konzentration und Zeit erfordert. Das Buch
bietet dann aber einen hervorragenden Ausgangspunkt für weitergehende und
vertiefende Forschung zu den einzelnen Themen. Jedes Kapitel ist mit
entsprechend ausführlichen Literaturverweisen ausgestattet. Kein Buch für
"zwischendurch", aber eine fundierte Darlegung des aktuellen Standes
der kontroversen Diskussion um die Globalisierung.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 06. Mai 2011 2011-05-06 11:12:44