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Wolfram Huncke (Hrsg.): Gestern ist heute

Gestern ist heute

von Wolfram Huncke (Hrsg.)
Verlag: Hirzel [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-7776-2135-7

Preis: 3,50 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. November 2024]
Für eine nachhaltige Zukunft

Trotz ihrer intensiven Freundschaft stellten Heinz Haber und Robert Jungk zu ihrer Zeit zwei Pole vor allem im Blick auf die Bewertung von Wissenschaft, Technik und Wirtschaft dar.

Robert Jungk, Kritiker vor allem des ungezügelten Wirtschaftswachstums und Vordenker für eine "nachhaltige" Gesellschaft, strikter Gegner der Kernenergie, einer, der sich selbst "Maschinenzähmer" nannte.
Und Heinz Haber, Physiker, der in der Entwicklung, teils auch in der sprunghaften Entwicklung in Wissenschaft und Technik immer einen Voranschreiten der Menschheit sah und daran in Teilen maßgeblich mitwirkte.

"Gegensatz lebt mit Respekt", diese freundschaftliche Grundhaltung bildet die Atmosphäre des Buches, dem Gespräche der Beiden in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, aufgezeichnet damals von Wolfram Huncke, zu Grunde liegen.

Jetzt, fast 30 Jahre später, erscheint der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser "Gespräche über die Zukunft" zwischen Haber und Jungk treffend gewählt. Sowohl im Blick auf die Wirtschaft, den Glauben an das ungebremste Wachstum der Systeme, aber auch in Fragen des Umweltschutzes und der Kernenergie, erreichen die Aussagen und Abwägungen beider eine ungeahnte Aktualität. Eine Aktualität, die am Ende des Tages wohl eher Jungk mit seinem skeptischen Herangehen und seiner kritischen Haltung recht zu geben scheint.

Nach einem komprimierten, aber alles Wesentliche des Lebenswegs beider aufnehmende, ersten Kapitels dokumentiert das Buch thematisch geordnet intensive Diskussionen zwischen Jungk und Habermas. Diskussionen, die argumentativ beidseits fundiert und bedenkenswert ausgearbeitet werden. Da, wo Haber betont, dass "das Machbare gemacht werden muss", betont Jungk, dass gerade diese Haltung "die Bosheit und die Geschäftigkeit der Anwender einfach nicht sehen will". Wie eine Prophezeiung wirken hier die Worte Jungks, dass Profite ins Grenzenlose zu wachsen drohen auf Kosten anderer Betroffener. Ein Gedanke, der sich durchzieht. Dem in Teilen übrigens auch Haber später zustimmt, wenn er über das "Schlachtfeld Weltraum" sinniert, seine Gründe für den Rückzug aus der Weltraumforschung mit der schwierigen Haltung begründet, dass es nur noch um einen "Kampf" gegeneinander, einen "Wettlauf", ein "Übertreffen der anderen Seite" ging.

Aus dem Munde zweier anerkannter Wissenschaftler und auf den Punkt argumentierender Denker werden in den Gesprächen nicht nur konkrete Themen deutlich, sondern im Hintergrund schwingt die existentielle, philosophische Frage mit, was dem Menschen zuzutrauen ist, in welche Richtung seine Kräfte wirken werden. Jungk sieht die Notwendigkeit eines regulierenden Rahmens unter der Qualität der "Nachhaltigkeit", der in Teilen eng gezurrt werden muss, um beständig drohende Auswüchse mit vernichtendem Potential abzuwenden, Haber vertraut erkennbar mehr möglichen selbstregulierenden Kräften des Fortschritts und der zivilisatorischen Entwicklung durch diesen Fortschritt. Wer allerdings genau liest, stellt fest, dass sich zunehmend doch auch Zweifel und Skepsis in Habers Haltung ausmachen lassen.

Die Gespräche aus der Vergangenheit sind für die heutige Zeit durchaus von Wichtigkeit. Lässt sich doch nicht nur nachvollziehen, dass Jungk mit seiner skeptischen Haltung recht behalten hat, sondern auch, warum die Dinge sich in bekannter, krisenhafter Form dato entwickelt haben und entwickeln. Aus diesem "Warum" heraus lassen sich im Buch, übrigens in den Aussagen beider Beteiligter, auch Maßnahmen ableiten, zumindest für die mittlere Zukunft, andere Weichen zu stellen. Falls die maßgeblichen Stellwerke in Politik und Wirtschaft bereit wären, zu hören, was gerade Robert Jungk zu sagen hatte. Damals zumindest wurde das zwar wahrgenommen, aber schnell ad acta gelegt. Skepsis stör eben immer die Kreise jener, die gerade den Profit vor Augen sehen. "Gier frisst Hirn", wie es die bildende Kunst der damaligen Zeit auch ausdrückte.
Fazit
Ein wichtiges Buch, um zu verstehen, sich durchaus auch zu empören und dann dagegen zu halten.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 28. April 2011

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