Für eine nachhaltige Zukunft
Trotz ihrer intensiven Freundschaft stellten Heinz Haber und Robert Jungk zu
ihrer Zeit zwei Pole vor allem im Blick auf die Bewertung von Wissenschaft,
Technik und Wirtschaft dar.
Robert Jungk, Kritiker vor allem des ungezügelten Wirtschaftswachstums und
Vordenker für eine "nachhaltige" Gesellschaft, strikter Gegner der
Kernenergie, einer, der sich selbst "Maschinenzähmer" nannte.
Und Heinz Haber, Physiker, der in der Entwicklung, teils auch in der
sprunghaften Entwicklung in Wissenschaft und Technik immer einen Voranschreiten
der Menschheit sah und daran in Teilen maßgeblich mitwirkte.
"Gegensatz lebt mit Respekt", diese freundschaftliche Grundhaltung
bildet die Atmosphäre des Buches, dem Gespräche der Beiden in den 80er Jahren
des letzten Jahrhunderts, aufgezeichnet damals von Wolfram Huncke, zu Grunde
liegen.
Jetzt, fast 30 Jahre später, erscheint der Zeitpunkt der Veröffentlichung
dieser "Gespräche über die Zukunft" zwischen Haber und Jungk
treffend gewählt. Sowohl im Blick auf die Wirtschaft, den Glauben an das
ungebremste Wachstum der Systeme, aber auch in Fragen des Umweltschutzes und der
Kernenergie, erreichen die Aussagen und Abwägungen beider eine ungeahnte
Aktualität. Eine Aktualität, die am Ende des Tages wohl eher Jungk mit seinem
skeptischen Herangehen und seiner kritischen Haltung recht zu geben scheint.
Nach einem komprimierten, aber alles Wesentliche des Lebenswegs beider
aufnehmende, ersten Kapitels dokumentiert das Buch thematisch geordnet intensive
Diskussionen zwischen Jungk und Habermas. Diskussionen, die argumentativ
beidseits fundiert und bedenkenswert ausgearbeitet werden. Da, wo Haber betont,
dass "das Machbare gemacht werden muss", betont Jungk, dass gerade
diese Haltung "die Bosheit und die Geschäftigkeit der Anwender einfach
nicht sehen will". Wie eine Prophezeiung wirken hier die Worte Jungks, dass
Profite ins Grenzenlose zu wachsen drohen auf Kosten anderer Betroffener. Ein
Gedanke, der sich durchzieht. Dem in Teilen übrigens auch Haber später
zustimmt, wenn er über das "Schlachtfeld Weltraum" sinniert, seine
Gründe für den Rückzug aus der Weltraumforschung mit der schwierigen Haltung
begründet, dass es nur noch um einen "Kampf" gegeneinander, einen
"Wettlauf", ein "Übertreffen der anderen Seite" ging.
Aus dem Munde zweier anerkannter Wissenschaftler und auf den Punkt
argumentierender Denker werden in den Gesprächen nicht nur konkrete Themen
deutlich, sondern im Hintergrund schwingt die existentielle, philosophische
Frage mit, was dem Menschen zuzutrauen ist, in welche Richtung seine Kräfte
wirken werden. Jungk sieht die Notwendigkeit eines regulierenden Rahmens unter
der Qualität der "Nachhaltigkeit", der in Teilen eng gezurrt werden
muss, um beständig drohende Auswüchse mit vernichtendem Potential abzuwenden,
Haber vertraut erkennbar mehr möglichen selbstregulierenden Kräften des
Fortschritts und der zivilisatorischen Entwicklung durch diesen Fortschritt. Wer
allerdings genau liest, stellt fest, dass sich zunehmend doch auch Zweifel und
Skepsis in Habers Haltung ausmachen lassen.
Die Gespräche aus der Vergangenheit sind für die heutige Zeit durchaus von
Wichtigkeit. Lässt sich doch nicht nur nachvollziehen, dass Jungk mit seiner
skeptischen Haltung recht behalten hat, sondern auch, warum die Dinge sich in
bekannter, krisenhafter Form dato entwickelt haben und entwickeln. Aus diesem
"Warum" heraus lassen sich im Buch, übrigens in den Aussagen beider
Beteiligter, auch Maßnahmen ableiten, zumindest für die mittlere Zukunft,
andere Weichen zu stellen. Falls die maßgeblichen Stellwerke in Politik und
Wirtschaft bereit wären, zu hören, was gerade Robert Jungk zu sagen hatte.
Damals zumindest wurde das zwar wahrgenommen, aber schnell ad acta gelegt.
Skepsis stör eben immer die Kreise jener, die gerade den Profit vor Augen
sehen. "Gier frisst Hirn", wie es die bildende Kunst der damaligen
Zeit auch ausdrückte.
Fazit
Ein wichtiges Buch, um zu verstehen, sich durchaus auch zu empören und dann
dagegen zu halten.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 28. April 2011 2011-04-28 15:03:44