Gegeneinander Überleben
Nur knapp 130 Seiten umfasst dieses schmale Buch, Seiten, die nur auf den ersten
Blick das altbackene Thema eines Schiffbrüchigen auf einer einsamen Insel
aufwärmen, die sich aber auf den zweiten Blick als ein intensives und dichtes
Psychogramm zweier Männer herauskristallisieren, die in wunderbarem Stil
niedergeschrieben sind und am Ende mit einer faustdicken Überraschung
aufwarten.
Matthew Prendel ist wieder da. Fünf Jahre war er verschollen und nun ist er
wieder, allerdings nur rein körperlich, wieder Teil der Gesellschaft.
Verändert hat er sich, stark. Vermögend plötzlich, das zum einen, aber vor
allem irgendwie innerlich nie ganz anwesend, wie über den Dingen, den Menschen
schwebend.
Sein Segelboot wurde zu Zeiten von Piraten aufgebracht, seine Begleiter sind nie
wieder aufgetaucht, auf einer Insel soll er ausgeharrt haben. Phoebe, durch
deren Augen Flavia Company die Geschichte erzählt, erobert diesen Mann für
sich und wird am Ende seines eher kurzen Lebens die ganze Geschichte aus seinem
eigenen Mund erfahren. Wie er nach dem Überfall auf einer Insel strandete,
gerettet von einem der Männer, der Teil der Piratengruppe war und nun ebenfalls
mit Prendel auf der Insel gestrandet ist, der aber, im Gegensatz zu Prendel,
damit ein ganz konkretes Ziel verfolgt. Ein Ziel, zu dessen Erreichung Prendel
durchaus eine Rolle spielen soll. Prendel, der als Freidenker der Maxime folgte,
dass "wir alle jemand in uns tragen, der aus dem Alltagstrott ausbrechen
will, jemand, der sich beweisen will, dass wir einzigartig sind", und der
nun in einer Art und Weise aus seinem freiheitsliebenden und segelndem
Alltagstrott herausgenommen wird, die ihn an die Grenzen seiner Belastbarkeit
und seines Verstandes führt. Wird sich herausstellen, dass er wirklich
"besser ist als seine äußere Hülle"?
Eine intensive Geschichte ist es, die Flavia Company erzählt. Weniger das Leben
als moderner Robinson steht dabei im Mittelpunkt ihrer Darstellungen, sondern
die inneren Abläufe, Kämpfe gegen sich selbst, Auseinandersetzungen mit dem
Piraten Nelson Souza, das Misstrauen, die Finten, die Gewalt gegeneinander und
das, was am Ende des Tages übrig bleiben wird. Ein innere Weg, der zu tiefen
Erkenntnissen über sich selbst führen wird. Darüber, was das Leben wirklich
ausmacht, ob es tatsächlich nur der immerwährend fast gleiche "Ablauf
äußerer Ereignisse" ist. Ebenso werden nach der Rettung aus der Notlage
Wahrheiten weiter im Raume stehen. Vor allem dies eine, dass der Körper zwar
wieder in der alten Umgebung sich befindet, die Zivilisation einen wieder hat,
doch die Seele auf immer schiffbrüchig bleiben wird. Warum das gerade und ganz
besonders auf diesen Matthew Prendel zutrifft, das hat Gründe und die finden
sich atmosphärisch dicht geschildert im Buch.
Fazit
Eine wunderbar erzählte Charakterstudie und Entwicklungsgeschichte ist es, die
Flavia Company in ihrem schmalen Buch unprätentiös zu gestalten versteht mit
einer Vielzahl von Textstellen und einfachen Sätzen wahrhaftiger Erkenntnis,
die lange nachhallen werden.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 04. April 2011 2011-04-04 12:30:38