Soziale Kompetenz im Geschäftsleben
Die Entscheidung zu einem Geschäftsabschluss liegt auf Seiten des Kunden, je
weitreichender eine solche Entscheidung im Raume steht, nicht nur auf der reinen
Kostenseite, sondern auch im Bereich des persönlichen Verhältnisses zum
jeweiligen Geschäftspartner.
Soziale Kompetenz der Mitarbeiter ist also ein mehr und mehr entscheidend ins
Gewicht fallender weicher Faktor, gerade auch im Bankgeschäft. Vielfache
Konkurrenzsituationen stehen hier im Raum, viel Vertrauen ist im letzten
Jahrzehnt verspielt worden, ein wenig Händeschütteln und Lächeln reicht da
bei weitem nicht mehr aus.
Insofern ist der Titel "Knigge" und die dahinter stehende
vordergründige "Einübung" von Etikette und Umgangsformen, vorweg
bemerkt, ein wenig zu kurz gegriffen, denn letztlich benötigt es auch eine
Arbeit an der eigenen, inneren Haltung und nicht nur ein Wissen um äußerer
Umgangsformen. Höflichkeit funktioniert auf Dauer nicht nur als aufgesetzte
Methode, sondern bedarf einer inneren Haltung der Wertschätzung anderen
gegenüber.
Ein wenig geht die Autorin durchaus auch in diese Richtung, indem sie einen
reflektierten und bewussten Umgang mit dem eigenen Verhalten im beruflichen
Kontext anregt und einsichtig dessen Vorteile aufzeigt.
Sei es im Alltag mit verschiedenen Formen von Kunden (Private-Banking, Retail
Banking, Business Banking), sei es im Blick auf die Mitarbeiterführung
(Höflichkeit schließt klare Ansagen nicht aus, hilft aber zu einem
konstruktiven Gesprächsklima), der Empfang von Gästen ebenso, wie das eigene
Verhalten als Gast, Small Talk zum "Brechen des Eises", Tischmanieren
(sehr weiträumig im Buch) und die jeweils angemessene und korrekte Kleidung,
all dies führt Maud Beetz durchaus einsichtig und nachvollziehbar vor Augen.
Grundlegend Neues findet sich kaum im Buch, dennoch hat eine solche komprimierte
Zusammenstellung durchaus ihren Wert, sozusagen aus einer Hand jeweils
anliegende Herausforderungen und Situationen zu reflektieren. Herauszuheben ist,
dass Beetz geschlechtspezifische Formen der Kommunikation und des Umgangs in das
Buch mit integriert. Unterschiede in Kommunikation und Körpersprache können so
leicht erfasst und für das eigene Verhalten nutzbar gemacht werden.
Was somit Umgangsformen und auch den Umgang mit kritischen Situationen angeht
(auch ein eigenes Kapitel im Buch), lässt die Autorin es an kaum etwas fehlen.
Der Bereich der inneren Haltung (Wertschätzung, Respekt) Kunden und Kollegen
gegen über wird allerdings dabei vernachlässigt. Es braucht eigentlich ein
"Mehr" als nur geschliffene Umgangsformen (der "aalglatte"
Banker ist ja eher negativ besetzt). Dieses "Mehr" findet sich im Buch
zu selten und oft nur indirekt angedeutet.
Zu Gute halten muss man der Autorin, dass dies auch nicht das gestellte Thema
des Buches ist. Das ausgesprochene Ziel einer umfassenden Darstellung des
eigenen Verhaltens und des Umgangs mit anderen wird durchaus auf den gut 200
Seiten des Buches erreicht. Leider aber nicht mehr. Statt sich im Blick auf
kritische Situationen mit umgefallenen Rotweingläsern und Verspätungen zu
beschäftigen, wäre hier ein Wort zu rein "aufgesetzter" Höflichkeit
und nur "antrainierten" Respekts durchaus passend gewesen. Eine
mangelnde Wertschätzung hinter "schlechtem Verhalten", die ja
durchaus in den vielfachen Beispielen des Buches mit benannt, aber nicht breit
ausgeführt wird.
Fazit
Alles in allem ein umfassendes, praxisnahes Buch zum nicht nur
"guten", sondern auch erfolgversprechenden Benehmen im Bankgeschäft,
dem ein wenig mehr Hinweise auf eine auch zu entwickelnde innere Haltung der
Wertschätzung gut getan hätte. Vielfache Elemente des Kommunikationstrainings
(im wesentlichen auf den Erkenntnissen von Thomas Gordon und Paul Watzlawick
basierend) wirken erst dann umfassend, wenn die entsprechend wertschätzende und
empathische Haltung ebenfalls entwickelt wird. Worauf alle seriösen
Kommunikationstrainer ihrerseits je ausführlich hinweisen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 03. April 2011 2011-04-03 14:43:06