Goran Petrović wurde 1961 in Kraljevo, Serbien, geboren und studierte
jugoslawische und serbische Literatur in Belgrad. Sein Roman Die Villa am Rande
der Zeit wurde mit dem NIN-Preis, dem bedeutendsten serbischen Literaturpreis
ausgezeichnet.
Gekonnt verflechtet Goran Petrović Vergangenheit und Gegenwart,
Wirklichkeit und Traumwelt, indem er den Student Adam aus Belgrad mit einem
ungewöhnlichen Angebot konfrontiert. Adam soll ein Jahrzehnte zuvor
erschienenes Buch für eine Neuauflage lektorieren, be- und umarbeiten. Eine
einfache Arbeit, bei der man nicht viel falsch machen kann. Adam übernimmt gern
diesen Auftrag, schliesslich benötigt er als Student das Geld für die Miete
seiner kleinen Wohnung. Doch bei der Lektüre macht Adam eine sonderbare
Erfahrung: Unversehens findet er sich mitten in der Romanhandlung wieder, die
plötzlich zu leben beginnt und ihm im wirklichen Leben viele Leser dieses
Romans begegnen, deren Schicksale seltsam miteinander verbunden sind. Nicht alle
Leser bekunden ein unschuldiges Interesse an dem Buch. Die Romanhandlung spielt
in der Vergangenheit, etwa ab dem Jahr 1906 und später. Adam ist etwas
irritiert, denn der Tote der aus dem Fluss gezogen wird, ist real und so gar
nicht fiktiv. Adam, der inzwischen die liebenswerte Anastas Branica kennen
lernte, muss sich entscheiden: Will er seinen Auftrag erfüllen oder verhindern,
dass dieser imaginäre Zufluchtsort unwiederbringlich verloren geht?
Fazit
Goran Petrović gelingt es, eine Geschichte zu erzählen und nicht nur sich,
sondern auch den Leser zu fragen, was für eine Familie verbirgt sich in den
Seiten des gebunden Buches? Welches Schicksal, oder besser, welche Schicksale,
verbergen sich in der Zeit vor dem ersten und zweiten Weltkrieg und endet nicht
einmal in der Neuzeit, als Serbien als Titos Teil eines Vielvölkerstaates
hinter dem eisernen Vorhang verschwand. Das Buch von Goran Petrović ist
eine Hommage an Serbien, an die letzten 100 Jahre in einer von Unglück
gebeutelten Region die so viel erlebte.
Dem Autor gelingt es, die Leidenschaft der fiktiven Leser auf die Leser seines
wirklichen Romans zu übertragen. A pro po Leidenschaft. Der Roman lässt die
Leser mitleiden und schafft dadurch eine ganz besondere Atmosphäre, die
angereichert mit Poesie und grossen Gefühlen angereichert ist. Der Leser
ertappt sich dabei, wie er mit Adam und Anastas in eine Traumwelt eindringt.
Kaum merklich gleitet man vom Roman in den Roman im Roman. Der Autor verbindet
unterschiedliche Schicksale aus den vergangenen Jahrzehnten des letzten
Jahrhunderts. Gleichsam eine geschichtliche Exkursion durch Jugoslawien und
seiner Vorgänger bzw. Nachfolger.
Mir hat das Thema gut gefallen, die Idee und die Umsetzung der wirklichen
Geschichte mittels der Phantastik, harmlos und unschuldig geschildert, voller
Leben ist. Selten las man ein Buch, dass so unscheinbar aber doch anschaulich
die Vergangenheit bewältigt. Wer DIE VILLA AM RANDE DER ZEIT von Goran
Petrović als reine Phantastik betrachtet wird sicherlich enttäuscht sein.
Wer den Phantastikbezug mag und originelle Idee annimmt, wird sich damit
anfreunden können und das Buch mehr als einmal lesen.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 03. März 2011 2011-03-03 22:40:32