Hinderliche Vorurteile
In seinem neuesten Roman spielt Arne Dahl in gewohnt sprachstarker, intensiver
Weise mit den, sicher zum Teil durchaus gerechtfertigten, Vorurteilen und
Ängsten der westlichen Welt ob der islamischen, terroristischen Bedrohung und
führt vor Augen, was gut es sich hinter diesem Deckmantel sich verstecken
lässt und zu welchen Irrwegen diese gerechtfertigte Sorge auch führen kann.
Ein Bombenanschlag auf die U-Bahn in Stockholm fordert 10 Menschenleben.
Umgehend tickern die Nachrichten und Meinungen durch die Stadt. Völlig klar
für alle Beteiligten ist, dass der islamische Terror nun, nach London, auch in
Schweden zugeschlagen hat. Die eiligst zusammengerufene, umfassende
Sonderermittlungseinheit aus allen Bereichen der Polizei trifft sich gerade zur
ersten Besprechung als zudem noch ein ernstzunehmender Bekenneranruf eintrifft
einer Gruppe, die sich "Die heiligen Reiter von Siffin" nennt.
Alles also scheint klaren Linien zu folgen, es kann nur noch darum gehen, diese
ominöse, offenkundig islamistische Gruppe, zu finden und dingfest zu machen.
Eine Aufgabe, der sich auch die Sondereinheit für Gewaltverbrechen mit
internationalem Charakter, kurz A-Gruppe genannt.
Wer Arne Dahls Bücher kennt, weiß, dass sich dahinter Kommissarin Kerstin Holm
und Inspektor Paul Hjelm mit ihrem Team verbirgt. Mit ihrem aus vorhergehenden
Fällen durchaus noch gebeutelte Team, mitsamt aller Probleme der Konkurrenz
unter den verschiedenen Polizeieinheiten, mitsamt persönlicher Tragödien wie
der Sache mit Bengt aus dem Vorgängerroman, der sich noch im Koma befindet.
Und mitsamt dem Problem, dass der Fall des Bombenattentats schon bald Brüche
zeigt und nicht einfach so stimmig aufgehen will. Denn warum sonst fallen mehr
und mehr Mitglieder der "Heiligen Reiter von Siffin" Anschlägen zum
Opfer? Wer mischt noch mit und was sind die wahren Hintergründe des Attentats
von Stockholm?
Fragen, die das Polizei Team durch halb Europa führen werden und viel größere
Gefahren aufdecken lassen wird als nur die einer einzelnen, islamistischen
Terrorzelle. Mit einem Gegner, der beste Verbindungen bis in die Spitze der
Polizei aufzuweisen hat.
Assoziativ ist der Stil von Arne Dahl. Viele Informationen, Gedanken, Eindrücke
und Impulse legt er auf die Seiten seines Buches, lenkt wie zufällig die Augen
des Lesers hierhin und dorthin und hat doch mit allem, was er erzählt, etwas im
Sinn. Manchmal ist das ein wenig anstrengend zu lesen, gerade im ersten Teil des
Buches. Bis dann endlich alle beteiligten Figuren (und da sind nicht wenige)
ihren Platz gefunden. Ein Stil, mit dem es Dahl durchaus gelingt, den Leser
mitten hinein in die Welt seiner Protagonisten zu versetzen.
So, wie er mit knappen Streichen auf gerade einmal knapp drei Seiten das gesamte
Team der Gruppe A skizziert, mehr andeutet, als detailliert beschreibt und
gerade durch diese vielfachen Andeutungen Interesse an den Figuren erweckt,
Figuren, die jeweils Kapitelweise späterhin die Ermittlungen tragen werden, so
gelingt es ihm ohne weiteres mit souveräner Hand, den roten Faden durch die 440
Seiten des Buches aufrecht zu erhalten.
Fazit
Ein komplexer Fall, der von komplexen Figuren auf beiden Seiten getragen wird
und der so manche Täuschungen und vorschnellen Schlüsse ad absurdum führen
wird. Ein Fall, an dem die Ermittler auch höchst persönlich beteiligt sein
werden. Intensiv, dicht, und spannend.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 01. März 2011 2011-03-01 14:04:32