Rückkehr ins Leben
In der letzten Zeit dreht sich die Literatur über Zombies durchaus in eine ganz
andere Richtung. Statt seelenloser Fressmaschinen, gegen die sich Helden mit
letzten Kräften wehren, erhalten nun die Leser einen Einblick aus Sicht der
Zombies selbst. "Anonyme Untote" z.B. war ein solcher Roman, der gar
Mitgefühl mit den Kreaturen erweckte.
Issac Marion geht nun in die ähnliche Richtung. Ohne jede Verschnörkelung
setzt er allerdings im ersten Teil seines Buches zunächst deutlich in den Raum,
dass (fast) alle gängigen Vorurteile gegen Zombies gerechtfertigt sind. Dumpf
vor sich hin wankend, verdrehte Gliedmaßen, zu töten nur durch Zerstörung des
Kopfes und, bei Fressattacken, im Blut dann watend (sehr präzise geschildert,
fast beiläufig lässt Marion einen Überfall der Zombies auf lebendiges Fleisch
durch die Seiten wehen).
Und doch ist einiges anders. Ein Rest von Verstandesfunken ist zumindest in R,
der Hauptfigur, noch vorhanden. Keine Erinnerungen mehr an sein früheres Leben,
sprachlich maximal auf Kindergartenebene, aber immerhin fast mit der
Möglichkeit versehen, sich mit seinesgleichen, vor allem mit M, zu befreunden.
Mehr als diese ersten Buchstaben ihrer ehemaligen Namen fällt den Beiden
allerdings einfach nicht mehr ein.
R, der in alter Boing 747 lebt, Vinylschallplatten zu schätzen weiß und der,
ohne genauer zu wissen, warum, aus der letzten Beutjagd eine lebende Frau mit
auf den verlassenen Flughafen gebracht hat um sie zu beschützen. Vor den
anderen, hunderten von Zombies, die auf dem Gelände eine Art Heimat gefunden
haben, angeführt von alten, bösartigen Untoten, die eine Art Priesterkaste
bilden. Sollte in seinem nicht mehr schlagenden Herz eine Art Gefühl noch
vorhanden sein? Und tatsächlich, von Tag zu Tag verliert Julie, die Frau, ihre
Angst und ihren Ekel mehr und von Tag zu Tag wird R wieder ein wenig
menschlicher. Gibt es einen Weg zurück aus dem Land der Untoten? Nur für ihn
oder auch für die anderen? Und wie werden die überlebenden Menschen reagieren,
die sich in einem Stadion häuslich eingerichtet haben?
Nach dem ersten Drittel entpuppt sich das Buch zu einem Entwicklungsroman, der
mit verschiedenen Ebenen spielt und der letztlich in den Raum stellt, dass die
Motivation, ein besserer Mensch, pardon, Zombie, zu werden, letztlich aus der
Macht der Liebe erwachsen kann. So, wie die tiefere Erklärung Marions für das
Entstehen der Seuche, die Menschen zu Zombies werden ließ, aus der Schwärze
der Seele, aus Gier, Neid und reinem Egoismus sich entwickelt hat, so ist die
verbindende Kraft der Liebe, der Freundschaft und der Solidarität jener
Antrieb, der wieder zu sich selbst und zueinander führen kann.
Ein Gleichnis somit stellt Marion mit seinem anregend und flüssig zu lesenden
Roman in den Raum, dass durchaus den aktuellen Zustand der Welt mit aufnimmt.
Nur, dass moderne Zombies nicht biologisch tot sind, aber ebenso seelenlos, wie
die Masse der Untoten und ebenso zäh nur ihre eigenen Interessen verteidigend
bis zum letzten, wie die vertrockneten Anführer der Zombie Horde.
Fazit
Spannend, romantisch, mit einem erkennbaren philosophischen Konzept versehen, in
einfacher Sprache und dadurch einprägsam ist dieses Debüt ein durchaus
gelungenes.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 20. Februar 2011 2011-02-20 15:05:01