Das Buch von Serin hat zwei Stärken, für die es sich wirklich lohnt, es zu
lesen:
Erstens stellt der Autor genau die Leiden der Referendare dar, die der
Öffentlichkeit weitgehend verborgen bleiben, weil diese Bevölkerungsgruppe
völlig abgeschottet von der Außenwelt versucht, dem Spagat zwischen
verschiedensten Anforderungen gerecht zu werden: Da sind die Seminarleiter =
Ausbilder mit überanspruchsvollen, teilweise realitäts- und weltfremden
Vorstellungen, schlecht gelaunte Mentoren, und natürlich die Schüler, die (in
Berlin allerdings wohl selbst am Gymnasium) oftmals problematisch sind. Hinzu
kommen noch die Eltern der Schüler, die nicht immer das richtige Augenmaß
haben. Wer also Referendare in der Bekanntschaft hat, die nicht mehr anrufen,
weiß nach dem Lesen dieses Buches, warum das so ist.
Zweitens ist gerade für Referendare die Lektüre des Buches eine Pflicht, wenn
sie sich nicht von Selbstzweifeln, Burnout und Depressionen auffressen lassen
wollen, sondern eine Perspektive erleben möchten, die alle Probleme des
Referendariats relativiert, indem sie uns über diese vermeintlichen Abgründe
plötzlich befreiend lachen lässt.
Natürlich darf man vieles von dem nicht ernst nehmen, was drinsteht.
Natürlich übertreibt Serin, und das ist auch sein gutes Recht, denn wer nur
nackte Tatsachen lesen möchte, sollte sich Protokolle von Lehrerkonferenzen
durchlesen. Überhaupt ist es offenbar nicht die Absicht des Autors, ein
Tagebuch seiner persönlichen Empfindungen abzuliefern, sondern er gewinnt mit
seinen Kurzgeschichten dem tristen Schulalltag ein schillerndes Glanzlicht ab,
das umso reizvoller ist, je weniger man weiß, was sich nun wirklich an echten
Erlebnissen hinter den Erzählungen verbirgt. Serins Einstellung lässt aber
deutlich erkennen: Er begeistert sich für junge Menschen, das System Schule
jedoch hasst er. Und er hat darüber geschrieben. Alle nachfolgenden Referendare
haben noch zwei weitere Möglichkeiten: Sie können kotzen, oder das Buch lesen
und so über ihr - glücklicherweise vorübergehendes - Schicksal befreiend
lachen.
Fazit
Ein gutes Thema, eine gute Darstellung, ein gutes Buch.
Vorgeschlagen von CP
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veröffentlicht am 25. Januar 2011 2011-01-25 10:40:42