"Stupor mundi" wurde er ehrfürchtig, aber auch mit einem gewissen
Unbehagen genannt - das "Staunen der Welt". Kaiser Friedrich II. (1194
bis 1250) hat bereits zu seinen Lebzeiten die Zeitgenossen fasziniert und
schlägt noch heute den modernen Betrachter in den Bann. Gleich ob es sich um
Bewunderung, Respekt oder aber (gerade zu seinen Lebzeiten seitens seiner
Gegner) um Furcht oder sogar tiefe Abneigung handelte - jede Generation hatte
ein eigenes Friedrichbild.
Geboren und aufgewachsen im Königreich Sizilien als Sohn des Stauferkaisers
Heinrich VI. und der Normannenprinzessin Konstanze, trat er ein schwieriges Erbe
an. 1212 zum römisch-deutschen König gekrönt, konnte er sich erst 1214 gegen
seinen Konkurrenten, den Welfen Otto IV., durchsetzen. 1220 zum Kaiser gekrönt,
verschob er wiederholt den Kreuzzug, den er dem Papst versprochen hatte.
Mehrmals gebannt und im Konflikt mit den oberitalienischen Städten und den
Päpsten unbesiegt, aber auch in schwere Auseinandersetzungen verwickelt,
verstarb er 1250. Sein Tod läutete das Ende der Staufer ein und war der
faktische Beginn eines Zeitalters, das als Interregnum bezeichnet wird, in dem
das Kaisertum deutlich an Macht einbüßte. Als Person faszinierte Friedrich vor
allem aufgrund seiner ungewöhnlich guten Bildung und seines wachen Verstandes.
Er war gleichzeitig ein Lebemann, aber auch ein Herrscher, dessen Kaiseridee
tief im christlichen Denken seiner Zeit verankert war. Der Konflikt mit den
Päpsten nahm dabei sogar endzeitliche Züge an.
Zahlreiche Biographien sind dem wohl interessantesten römisch-deutschen Kaiser
gewidmet, von der literarisch hervorragenden, aber nicht unumstrittenen von
Ernst Kantorowicz bis zur umfangreichen und eher nüchternen von Wolfgang
Stürner. Raders neue Biographie geht eigene Wege und weiß in diesem Sinne
durchaus zu überzeugen.
Anstatt streng chronologisch den Ereignissen zu folgen, ist Raders Werk eher
thematisch aufgebaut. Der 1. Teil (Herrschaft) ist dem jungen Prinzen, König
und dem Kaiser gewidmet, wobei die Erlangung der Herrschaft und die
Herrschaftsausübung (darunter auch Universitätsgründung und Gesetzgebung)
betrachtet wird. Der 2. Teil (Leidenschaften) befasst sich mit dem Menschen
Friedrich, seinen Liebschaften, seinen Leidenschaften (wie die Falkenjagd) und
seiner Patronage der Wissenschaft und Künste. Im 3. Teil (Feindschaften) werden
die Konflikte Friedrichs geschildert, vor allem die Auseinandersetzung mit den
Kommunen und den Päpsten. Dies ist vielleicht der interessanteste Teil der
Abhandlung Raders, denn neben den militärischen Konflikten wird auch die
bemerkenswerte Propagandakampagne zwischen Kaiser und Kurie dargelegt. Den
Abschluss bildet ein knapper Abriss des Nachlebens.
Raders Biographie ist nicht so umfangreich wie Stürners Werk und kann auch
nicht den dort unübertroffenen wissenschaftlichen Apparat aufweisen. Es ist
aber eine sehr willkommene, sinnvolle Ergänzung. Raders Stil ist sehr gut
lesbar und seine Darlegungen sind klar strukturiert. Rader betrachtet auch immer
wieder die einschlägigen Quellen und hat die moderne Fachliteratur
miteinbezogen. Das Ergebnis ist eine gut erzählte moderne Darstellung des
Kaisers, die auch dem Sachkundigen anregende Überlegungen mit auf dem Weg gibt.
Vor allem ist die konsequente Betrachtung Friedrichs als Kind des Königsreichs
Sizilien zwar nicht völlig neu, aber plausibel und aufschlussreich.
Fazit
Raders gut lesbare und gut recherchierte Biographie darf jedem Interessierten an
dem Staufer Friedrich II. als Lektüre empfohlen werden. Sowohl der Laie als
auch der bereits vorgebildete Leser dürften Gewinn daraus ziehen. Allerdings
ersetzt es keineswegs Stürners monumentale Darstellung, ergänzt diese aber
vorzüglich.
Vorgeschlagen von B. Kiemerer
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veröffentlicht am 03. Januar 2011 2011-01-03 15:55:31