Dunkle Geschichten für dunkle Jahreszeiten
Schon das Buch selber ist in der Form anders, wohltuend anders gestaltet.
Griffig im Stil des klassischen Hemingway Notizbuches mit Gummiband gestaltet
mit leicht gerauter Oberfläche macht bereits diese Form neugierig auf den
Inhalt. Auf die Frage, ob es gelingt, in etwa 10 Minuten Lesezeit pro Geschichte
einen echten Thriller in den Raum zu setzen.
Vorweg gesagt, das geht. Das geht sogar in teils beeindruckender Weise. Was aber
letztlich nicht wirklich überrascht, denn einige der im In- und Ausland
bekanntesten Autoren des Genres haben hier jeweils eine der 13 Kurzgeschichten
beigesteuert.
Sebastian Fitzek, Michael Connelly (der "Vater" von Harry Bosch), Cal
Mccdermid, Markus Heitz, Torkil Damhaug, Thomas Thimeyer sind nur einige der
Autoren in dieser erstklassig ausgewählten Riege von Künstlern ihres Genres.
Initiiert von Sebastian Fitzek ist diese Anthology entstanden, eine Aufforderung
an jeden der Autoren, in knappster Form, auf den Punkt genau treffend, in einer
Kurzgeschichte statt der üblichen Arbeitsweise über hunderte von Seiten hinweg
den Leser mit zu nehmen in jene düstere Welt der Bedrohungen, Gefahren und
Dramen.
So, wie der Gast ermüdet im Hotelzimmer nur noch ein wenig in der Bibel
blättert und kurz vor dem Einschlafen diesen Zettel findet, der ihn warnt, ja
nicht einzuschlafen, denn tödliche Gefahr droht. Die Klaustrophobie der
dunklen, einsamen Nacht im fremden Hotel dringt spürbar in das Bewusstsein des
Lesers, bei dem ebenfalls nun an Schlaf nicht mehr zu denken ist.
Oder wie jener, der feststellen muss, dass man mit einer Lüge im Leben zwar
einen kleinen Schritt vorankommt, niemals aber zurückkommen kann und dafür
bezahlen muss. Wie in einem einzigen Monolog auf wenigen Seiten Thomas Thiemeyer
hier den Leser in eine gestörte Innenwelt hineinzieht, das ist
beeindruckend.
Jede der Geschichten ist anders, aber in der Qualität auf hohem Niveau. Die
vorausgesetzte Konzentration auf wenige Seiten eröffnet den Autoren nicht nur
einen Zwang gegen eine sich ausweitende Schreiblust, sondern birgt auch die
Chance der Konzentration das wirklich wesentliche, die Verbindung, die zum Kopf
des Lesers hin aufgebaut und geschlossen wird.
Fasziniert zu sehen, wie das in jeder der Geschichten mit anderen Elementen
gelingt.
Fazit
Ein nicht entscheidendes, aber nebenbei anregendes Gimmick ist die
graphologische Deutung der Handschriftenproben der Autoren.
Wärmstens zu empfehlen für starke Nerven.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 14. Oktober 2010 2010-10-14 15:56:57