Methodische Ausweitung der motivierenden Gesprächsführung
Vor allem im Bereich der therapeutischen Intervention im Rahmen des Feldes des
Substanzmissbrauchs hat der Ansatz der motivierenden Gesprächsführung, von den
USA ausgehend, zunehmend eine Verbreitung erfahren.
Basierend auf der klientenzentrierten Psychotherapie nach Carl Rogers
entwickelten William Miller und Stephen Rollnick ihre differenzierte Methodik,
deren augenfälligster Unterschied zur klientenzentrierten Methode in der
Integration direktiver Elemente, vor allem in Richtung der Verfolgung konkreter
Ziele, besteht.
Im Fokus der Therapie steht als Ziel die Erforschung und Auflösung der
Ambivalenz, die im jeweiligen Klienten den Veränderungswillen und damit auch
das Veränderungspotential hemmen. Dies geschieht weitgehend mit der Methodik
der klientenzentrierten Gesprächsführung, vor allem in Richtung des
empathischen Verstehens. Die Widerstände dann genau lokalisieren, sie umlenken
und damit die Selbstwirksamkeit fördern ist der weitere Weg der therapeutischen
Intervention durch die motivierende Gesprächsführung.
Im vorliegenden Buch erweitern die Autoren nun die bisherigen Anwendungsbereiche
der motivierenden Gesprächsführung, vor allem im Rahmen des
Substanzmissbrauches, auf ein breites Feld psychischer Störungen. Ausgehend von
der Beobachtung, dass in vielen Bereichen bereits Elemente der motivierenden
Gesprächsführung ergänzend oder integrativ von anderen Therapie Richtungen
aufgenommen werden, hier aber dann ebenfalls wesentliche Teile des Ansatzes
nicht beachtet werden, erschließen die Autoren nun die umfassende Darstellung
der Methode und ihre konkrete Anwendung im Bereich psychischer Störungen für
eine strukturierte Arbeit mit dem Ansatz.
Im Aufbau wird zunächst ausführlich die Methode in ihren Grundannahmen,
Grunderkenntnissen und grundsätzlicher Arbeitsweise dargestellt. Gut gelungen
ist hier vor allem, dass auch Lernwege für Klinker, notwendige Fertigkeiten und
ein Blick auf das "Wie" der Wirkung des Ansatzes verständlich und
nachvollziehbar vorgelegt werden. Die Methode als solche und der Weg, seine
Kenntnisse und Fertigkeit in derselben zu vertiefen finden natürlich auch ihren
Platz im ersten Teil des Buches.
Im Folgenden differenzieren die Autoren sodann die Einsatzmöglichkeiten und
Zugehensweisen in Bezug auf die wesentlichsten Bereiche psychischer Störungen.
Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörung, Zwangspatienten,
Vorbereitung einer Psychotherapie der Depression, Herstellung eines
integrierenden Bezugsrahmens innerhalb der Depressionsbehandlung, Suizidalität,
Essstörungen, pathologisches Spielen, Einhaltung der medikamentösen Behandlung
bei schizophrenen Patienten, Einsatz der Methode bei Doppeldiagnosen und im
Strafvollzug sind die behandelten Themen.
Jedes der Kapitel ist strukturiert nachvollziehbar aufgebaut, zu jedem der
Themen finden sich, neben der Darstellung des Einsatzes der Methode auch anhand
vieler Fallbeispiele, ein jeweiliger Blick auf mögliche Probleme und deren
Lösungsmöglichkeiten, sowie ein Fazit zum jeweiligen Thema. Durch diese
Aufteilung fällt es dem interessierten Betrachter leicht, die Methode der
motivierenden Gesprächsführung im Blick auf die konkreten Störungen
einzuordnen, ihren Stellenwert und ihre Wirkmöglichkeiten einzuordnen. Zudem
vertieft sich Kapitel für Kapitel mehr das Verständnis der grundlegenden
Methode selbst.
Fazit
Ein faszinierender Ansatz, der die klientenzentrierte Therapie um eine konkrete
Arbeitsrichtung und eine statthaft Erweiterung in direktiver Hinsicht erweitert.
Verständlich und umfassend dargestellt mit wesentlichen Hilfen zur Integration
des Ansatzes in die eigene Praxis. Durch die beständigen Verweise auf
Praxisbeispiele und die wissenschaftliche Betrachtung der Wirkung wird ein
lebendiger Bezug zur Praxis hergestellt, die Schilderung des Ansatzes verbleibt
dadurch nicht im luftleeren Raum abstrakter Theorie.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 05. September 2010 2010-09-05 14:24:37