Blut und Silber beschreibt eine tatsächlich stattfindende Geschichte und ist
somit eher ein Historienroman, fast ein Sachbuch, mit einer belletristischen
Handlung. In den Vordergrund wird Änne geschoben mit dem Hinweis auf die
Hebammentrilogie, von Sabine Ebert. Selbst Änne bleibt eine eher unbedeutende
Randfigur im Krieg um Freiberg. König Adolf von Nassau, eine der vielen
verbürgten historischen Persönlichkeiten in diesem Buch, setzt eine Armee in
Bewegung, weil er die Stadt Freiberg erobern will. Es geht ihm dabei weniger um
die Stadt selbst, sondern um das Silber, welches die Bürger fördern und die
Stadt zu einem recht reichen Ort machten. Die Freiberger sind von diesem Angriff
nicht erbaut und verteidigen ihre Stadt, und als das nicht mehr geht nur noch
ihre Burg Freiheitsstein gegen den Angreifer. Unter den Verteidigern findet sich
auch Änne. Die Nachfahrin von Marthe und dem Stadtgründer Christian (aus
Christiansdorf wurde Freiberg) lebt bei dem gewalttätigen Apotheker und
Ratsherrn Jenzin. Dieser ist ihr Vormund. Während der Kämpfe um die Stadt
hilft Änne mit ihren Kenntnissen in der Wundversorgung und kann so viele
Menschen retten. Nicht das das wirklich etwas gebracht hat, denn der Roman ist
ein brutales Schlachtengemälde, in dem mehr Menschen getötet als geboren
werden. Dabei wird viel gekämpft und es fliesst viel Blut in diesem Buch.
Abgehackte Gliedmassen, Massenvergewaltigung, körperliche Schmerzen durch
Gewalteinwirkung, vollkommen schonungslos und ohne Warnung vor den beschriebenen
Greueltaten geht es im Buch Blut und Silber zu. Ein besonderes Augenmerk legt
Sabine Ebert währenddessen auf den hoffnungslosen Überlebenskampf der
einfachen Leute in und um Freiberg. Ihr fesselnder Schreibstil bezieht sich
dabei vor allem auf die Beschreibungen von Begebenheiten, weniger von den
Beschreibungen der Personen. Die Personen sind sehr einfach beschrieben, ihnen
fehlt das Leben. Und sie sind fast Auswechselbar. Manchmal weiss man gar nicht,
um wen es sich wirklich handelt, so ähnlich sind sie sich. Wären nicht die
unterschiedlichen Beschreibungen von Änne und Sybilla oder Friedrich von Wettin
und Ulrich von Maltitz, so könnte man meinen, es seien ein und die selbe
Person. Die Zeit ist grausam und brutal. Menschenleben zählen nichts, wenn es
den Mächtigen der Welt um Geld und noch mehr Macht geht. Es geht vor allem um
gesellschaftliche Ränkespiele, adlige Fehden und Gebietskriege. Jeder Bewohner
im Land muss sich entscheiden auf wessen Seite er steht. Denn nicht nur Freiberg
wird in Mitleidenschaft gezogen. Verzweifelt versucht Friedrich von Wettin das
Unmögliche, das Land zu einen und den Frieden wieder her zu stellen.
Grausamkeiten sind an der Tagesordnung. Beginnend beim gewalttätigen Apotheker
Jenzin bis hin zu den erbarmungslosen Taten der Soldateska. Die Geschichte wird
hauptsächlich aus der Sicht von Ulrich von Maltitz, Kommandant der Burg
Freiheitsstein und Ritter des entmachteten Markgrafen Friedrich von Wettin, von
Friedrich von Wettin und Markus, Hauptmann der Truppen erzählt. Letzterer ist
es, der sich in Änne verliebt. Markus muss nach einer entscheidenden Schlacht
mit den königlichen Truppen fliehen. Weil Änne nicht zu dem brutalen Apotheker
zurück will, heiratet sie schliesslich einen anderen Mann. Aber Markus kommt zu
seiner Liebsten zurück. Eine zweite Liebesgeschichte spinnt sich um die
Gauklerin Sybilla an. Gleichzeitig bleiben diese jedoch eher Randfiguren mit
einem gewissen Überlebenspotential, während andere Handlungsfiguren im Akkord
dahin gerafft werden. Änne ist ein verstörtes und eingeschüchtertes
Geschöpf, die wenig sagt und ziemlich blass in Erscheinung tritt, wenn sie mal
Erwähnung findet.
Man wundert sich, dass die Buchseiten bei so viel Blut noch weiss bleiben.
Sabine Ebert schont den Leser nicht, beschreibt schonungslos und ausgiebig den
Krieg, Überfälle und Folterungen, und der daraus entstehenden Hungersnot und
Krankheiten.
Fazit
Sabine Ebert erzählt ein Stück deutscher Geschichte, aber warum muss sie das
so blutig schildern. Blut, Schweiss und Tränen fliessen reichlich. Das Leben
damals war bekanntermassen nicht leicht, aber muss man jede Grausamkeit
ausführlich schildern? Die Beschreibungen von Kämpfen und der damals
zeitgenössischen politischen Lage, sowie den politischen Ränkespielen ziehen
die Handlung unnötig in die Länge. In Blut und Silber kommen die Leser auf
Ihre Kosten, die sich vor allem für die Geschichte der Stadt Freiberg und des
Umlandes interessieren. Die geschichtlichen Ereignisse und Zusammenhänge sind
in allen Einzelheiten geprüft und beschrieben. Daher komme ich, wie bereits
oben erwähnt, zu dem Schluss, fast ein Sach- oder Geschichtsbuch mit Handlung
in den Händen zu halten.
Gelungen ist in jedem Fall das Buch an sich. Das Titelbild ist stimmungsvoll
und ein wenig düster, da hilft die Kerze der Dame leider nicht. Gold- und
Brauntöne heben sich jedoch nicht von anderen ähnlichen Romanen ab. Passend
zum Titel wäre es gewesen, das Gold durch Silber zu ersetzen. Die historische
Karte Freibergs als Vorsatz zeigt zumindest an, wo die Geschichte spielt und
stimmt zusätzlich auf das Thema ein. Auch das Personenregister ist hilfreich,
bei diesem vielseitigen Werk. Nur eines kann ich nicht sagen. Ist es ein Roman
mit geschichtlichen Hintergrund oder ein Geschichtsbuch mit Rahmenhandlung.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 28. Juni 2010 2010-06-28 08:12:23