Der "Schulhof-Reim", dem Buch vorweg gestellt, beinhaltet die
Vorgeschichte dieses düsteren und packenden Thrillers, in dem Gillian Flynn auf
gut 520 Seiten ihre Protagonisten Libby auf die Spur der eigenen, grausamen
Vergangenheit führt.
Vor 25 Jahren hat Libbys Bruder Ben, seine ganze Familie getötet, scharf auf
"Teufelsmacht". Nur Libby kam mit dem Leben davon. Und eigentlich auch
nicht. Denn die Geister der Vergangenheit quälen sie, Selbstmordgedanken sind
ihr steter Begleiter, in Ihrem Inneren haust "eine Fiesheit".
Abgebrannt und innerlich zerrissen, so finden wir als Leser Libby auf den ersten
Seiten des Buches vor. Und zudem, nun, am 25. Jahrestag, werden Zweifel laut am
damaligen Geschehen. Libbys Zeugenaussage war es, die ihren Bruder ins
Gefängnis brauchte. Doch war er wirklich der Mörder der eigenen Familie? Was
hat Libby wirklich gesehen an jenem Tag?
Als sie sich eingestehen muss, dass sie eigentlich gar nichts wirklich direkt
gesehen hat, beginnt sie, die Ereignisse noch einmal aufzurollen. Und begibt
sich damit selber in größte Gefahr.
Von der ersten Seite an zieht Gillian Flynn den Leser mitten hinein in diese
wahrlich düstere Familiengeschichte. Durch den bildhaften Stil, die direkte
Sprache Libbys erlebt man einen großen Teil der Geschichte quasi "im Kopf
Libbys" hautnah mit.
Durch ihren Weg, die Geschichte zu erzählen, dem Leser nach und nach alle
beteiligten Personen vorzustellen, mehr und mehr der Persönlichkeiten zu
entblättern bis hin zum überraschenden Schluss fesselt sie Seite für Seite.
So viele beteiligte Personen es gibt, so viele Eindrücke und voneinander
abweichende Schilderungen des Tages vor dem Mord tauchen auf. Und immer, wenn
man gerade meint, verstanden zu haben, was genau passiert ist, erhält die
Geschichte eine neue, überraschende Wendung. Ben für seinen Teil mag sich dem
Satanismus nahe fühlen, dennoch erleben wir ihn als ebenso fürsorglichen und
liebevollen Bruder Libby gegenüber und als jemanden, dem von allen Seiten nicht
allzu freundlich mitgespielt wird.
Es gehört Mut dazu, eine unsympathische Hauptdarstellerin zu entwerfen, die
ebenso Opfer wie Täterin ist. Eindringlich gelungen ist damit die Schilderung
der düsteren Atmosphäre nicht nur der Geschichte um den Niedergang einer
Familie, sondern auch die beklemmende Darstellung der Düsternis in den
einzelnen Personen. Besonders plastisch in der Darstellung, das die
Erzählperspektive zwischen der Ich-Erzählung Libbys und den betrachtenden
Beobachtungen anderer, beteiligter Personen in der Vergangenheit. So fügt sich
das Bild der Morde Schritt für Schritt zusammen aus vielen Einzelheiten
zusammen.
Dazu noch die erst ganz zum Schluss nach einem grandiosen Finale dargebotene
Auflösung des zugrunde liegenden Mordes, das Buch lässt einen so schnell nicht
los. Die ein- oder andere Länge ist daher ohne weiteres entschuldbar und trübt
das Gesamtlesevergnügen nicht.
Fazit
Eine wahrhaft düster Geschichte mit überraschenden Wendungen, einer stetig
vorhandenen Spannung und einem überraschenden Schluss, was will man mehr von
einem guten Thriller?
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 09. Mai 2010 2010-05-09 16:30:06