In Feiburg scheint die Sonne über 1700 Stunden im Jahr. Vom Nord-Süd-Gefälle
des deutschen Wetters haben Sie sicher schon gelesen. Wenn den jährlichen
Sonnenstunden auf einer Karte Deutschlands die Standorte von Solarkraftwerken
zugeordnet werden, prägen sich die miteinander verbundenen und farblich
codierten Informationen besonders gut ein. So erfahren wir gleich zu Beginn von
der Entstehung deutscher Ballungsgebiete wie des Rhein-Main-Gebiets, die nachts
beim Blick aus dem Flugzeug deutlich als Ansammlung beleuchteter Metropolen zu
erkennen sind.
Einer Bildseite steht jeweils eine Textseite gegenüber, die die gezeigte
Entwicklungen humorvoll ergänzt oder die rein statistischen Aussagen kritisch
hinterfragt (Beispiel: die Kommentierung von Investitionen in Forschung und
Entwicklung auf S. 68). Die Regierungsbezirke sind mit ihrem jeweiligen
Kraftfahrzeug-Kennzeichen definiert - aus beinahe allen Karten lassen sich also
sehr exakte Informationen zu einzelnen Regionen entnehmen. Die Darstellung der
Bevölkerungsentwicklung regt an, zunächst über den deutschen Tellerrand zu
den Nachbarn auf der übrigen Welt zu sehen, sowie über internationale
Entwicklungen nachzudenken. Mit Daten zur Bevölkerungsentwicklung und zu den
Wanderungsbewegungen von Arbeitnehmern innerhalb Europas entsteht ein
aussagefähiges Bild vom Leben in Europa im dritten Jahrtausend. Wie wenig
Einfluss die Statistik auf die Einstellung der Deutschen, auf ihr Lebensgefühl
hat, zeigt der Ausländeranteil in Ostdeutschland (S. 17). Die fünf
ostdeutschen Bundesländer stellen sich komplett einfarbig dar; denn der
Ausländeranteil an der Bevölkerung beträgt dort nirgends mehr als 2.5%.
Besonders eindrucksvoll fand ich die regional sehr unterschiedliche Nutzung von
Internet und sozialen Netzwerken (S. 64 bis 67). Das Kapitel Unternehmen und
Produktion demonstriert anschaulich den Unterschied zwischen Einkommen und
Wertschöpfung und rückt die Wirtschaftsleistung von Bundeswehr und Behörden
in den Mittelpunkt. Stets gefragt sind Zahlen zum Export aus Deutschland, zu
Importen unserer Handelspartner und zur Wahrnehmung von Korruption. Beim Thema
Arbeit und Soziales muss der Leser Daten und Erläuterungen zu
Arbeitslosenquoten, Beschäftigungszahlen und Empfängern von Transferleistungen
miteinander verknüpfen, um sich ein Bild von den Folgen des Strukturwandels zu
machen, der auf die Wiedervereinigung in Deutschland folgte. Wer bis zur Seite
122 durchgehalten hat, kann hier erfahren, wie bereits der für die Abbildungen
gewählte Maßstab die Aussagen grafischer Darstellungen bestimmt. Wir können
die Auswirkungen unseres "ökologischen Fußabdrucks" nachvollziehen
und erfahren vom Gini-Koeffizienten, dem Maßstab für die Gleichheit der
Einkommensverteilung. Das 7. Kapitel zur Entwicklung in Ostdeutschland
vermittelt dem interessierten Leser umfassendes Hintergrundwissen zur aktuellen
Lebenssituation in den östlichen Bundesländern.
Fazit
Für seinen Wirtschaftsatlas Deutschland wertet Detlef Gürtler Daten aus, die
in den Jahren 2005 bis 2009 erhoben wurden. Außerordentlich gut gelungen finde
ich die kapitelweise thematische Zusammenstellung der einzelnen Grafiken. Das
Zusammenwirken von Bild und Text lehrt das genau Hinsehen und regt an, sich
ausführlicher mit den Gründen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen zu
beschäftigen
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 27. April 2010 2010-04-27 14:28:03