Als Carl Hobbes mit einer Plastikfessel an seinen Bewacher gekettet im Flugzeug
saß, war klar, dass es nicht mehr allein um eine Befragung durch den
Amerikanischen Geheimdienst gehen würde. Der 17-Jährige ist ein Scriptkiddie
und hat zum Spaß das EDV-System des legendären Fort Knox gehackt. Carl will
die amerikanischen Kriminalbeamten, die ihn verhören werden, davon überzeugen,
dass seine Aktion nur Spaß war und niemandem geschadet hat. Carl hat gehackt,
andere haben geraubt. Bei ihrer Ankunft in Camp Twilight, einem Gefangenen-Lager
in einer gottverlassenen arktischen Gegend, werden an alle Häftlinge
orangefarbene Overalls verteilt. Das Leben im Käfig ist von Willkür und Gewalt
der Bewacher geprägt - die Ähnlichkeiten mit Guantanamo sind gewollt. Carl ist
der einzige Jugendliche im Lager unter Terroristen und üblen Gestalten aus
aller Herren Länder. Wer gleichzeitig mit ihm dort eingeliefert wurde und wer
in den Nachbarkäfigen sitzt, ist Teil eines ausgeklügelten Plans, den Carl
erst allmählich durchschaut. Als Hacker ist Carl gewöhnt, ruhig und genau zu
beobachten, um später die Schwäche des "Faktors Mensch" für seine
Aktionen auszunutzen. Sein "Hacker-Hirn" ist Carls einzige Chance,
aus diesem Lager je wieder herauskommen.
Arty Dougal, ein Beamter, der eine erfolgreiche Laufbahn als Phone Phreaker
(Telefonhacker) hinter sich hat, und sein Kollege Stagger, nehmen Carl die
Geschichte vom Einzeltäter im stillen Kämmerlein nicht ab. Carls Überleben
wird nun davon abhängen, wer von den Gefangenen wen kennt und wer sich als
erster verraten wird. In Rückblenden erfahren die Leser, wie sich damals die
Diskussion in einem Messageboard allmählich bis zu Carls Hackerversuch
hochgeschaukelt hatte. Als Carl ernüchtert die dubiosen Geschäfte seiner
unbekannten Mittäter durchschaut, scheint es für ihn zu spät, noch seinen
Kopf aus der Schlinge zu ziehen. In einer aussichtslosen Situation - wohin soll
man in der Nähe des Polarkreises schon flüchten? - kommt es zum
verblüffenden Finale.
Im ersten Drittel des Buches baut sich ganz allmählich Spannung auf, während
Carl in seiner zurückhaltenden, beobachtenden Art berichtet. Ernüchterung,
dass niemand Carl aus dem Lager herausholen wird, Entsetzen über die
lebensfeindlichen Bedingungen in der heruntergekommen ehemaligen Fischfabrik
schlagen in atemlose Spannung um, als Carl sich gegen das System Twilight
aufzulehnen beginnt. Der Junge, der zum Hacker wird, weil Mädchen sich nicht
für ihn interessieren, bedient ein gängiges Klischee und ist dennoch
glaubwürdig dargestellt. Faszinierend fand ich Carls zwischen guter Cop/böser
Cop wechselnde Einschätzung seines Bewachers Williams. Der Punkt, an dem die
Handlung von reiner Beobachtung in Aktion kippt, kam für meinen Geschmack sehr
spät, die Thriller-Handlung wirkte anschließend auf mich nicht in allen
Details glaubwürdig.
Fazit
"Inside the Cage" aus der Reihe 21st Century Thrill erweist sich als
spannender Thriller, der sicher auch Interesse erwachsener Leser finden wird.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 25. August 2009 2009-08-25 09:17:55