Oberkommissar Mike Morgenstern ist Franke und vor kurzem von Nürnberg nach
Oberbayern versetzt worden. Mikes Arbeitsplatz ist die Polizeidirektion
Ingolstadt. Die Morgensterns ziehen ins idyllische Eichstätt, das durch seine
Universität mit familiärer Atmosphäre und chronischen Problemen, einen
Präsidenten zu finden, bekannt geworden ist. Die Eichstätter Kollegen spannen
den frisch zugezogenen Morgenstern gleich für die in Eichstätt traditionell
prächtige Fronleichnamsprozession ein. Ausgerechnet an einem Feiertag, an dem
jeder, der laufen kann, der Prozession zuschaut, findet man in einem nahe
gelegenen Steinbruch einen Toten. Wegen seiner guten Beziehungen zur
Eichstätter Dienststelle und weil er sowieso im Ort wohnt, wird Morgenstern mit
den Ermittlungen beauftragt. Der Mann mit dem vorwitzigen Mundwerk bekommt von
seinen Eichstätter Kollegen einen Schnellkurs in die Tradition des
Sandsteinabbaus in der Region und in Paläontologie; denn Eichstätt ist
Fundort des Archaeopteryx. Für einen Vater zweier Schulkinder wäre das sicher
nicht nötig gewesen; das Thema Urzeit-Tiere fasziniert fast jedes
Kindergartenkind. Morgenstern erfährt, dass die Steinbrucharbeiter - fast alle
stammen aus der Türkei - selbstständig auf eigene Rechnung in einem
gepachteten Abschnitt eines Steinbruchs arbeiten. Wenn eine Steinplatte mit
wertvoller Versteinerung gefunden wird, gehört sie jedoch offiziell dem
Besitzer des Steinbruchs. Als Morgenstern in der Bauhütte des toten Önemir
Fotos von außergewöhnlichen Fossilien findet und erfährt, dass der Mann sehr
wohlhabend gewesen ist, beginnt für den Ermittler das tägliche Geschäft der
Zeugenbefragungen. In einer Stadt, in der jeder jeden kennt, müsste es selbst
für den Ex-Großstädter Morgenstern eine Kleinigkeit sein, ein Motiv für den
Mord an Önemir zu finden.
Ob es die Sehenswürdigkeiten der Stadt sind, die Arbeit im Steinbruch oder die
Atmosphäre an einer privaten katholischen Universität, Auer hat jedes Detail
sorgfältig recherchiert. Eichstätt scheint inzwischen fest in der Hand der
Zugezogenen aus dem Norden zu sein, wenn sich dort ein oberbayerischer Kommissar
zu der Bemerkung "Ran an die Buletten" hinreißen lässt. Morgenstern
und auch seine Frau Fiona sind nicht auf den Mund gefallen; sie unterhalten
Auers Leser mit manch rhetorischem Scharmützel. Das journalistische Temperament
des Autors lässt sich kaum bremsen, wenn er den Laien Morgenstern in der
Lokalzeitung ein fünfspaltiges Foto mit 35 Zeilen Text entdecken lässt. Als
Lokalredakteur des Eichstätter Kurier hat Richard Auer Heimvorteil - er kennt
vermutlich jeden Pflasterstein in dem kleinen Ort an der Altmühl. Auers
Oberbayern-Krimi nimmt seine Leser von der ersten Seite an durch die stimmige
Beschreibung des Kleinstadtlebens im idyllischen Altmühltal aus der Perspektive
eines "Zugereisten" für sich ein. Indem der Autor gleich zu Anfang
zwei unterschiedliche Fährten legt, hält er seine Leser bei der Stange und
überrascht sie mit einem unerwartet fesselnden Finale.
Fazit
Als spannender Regionalkrimi verbindet "Vogelwild" einen Einblick in
die Fossilien-Suche im Altmühltal mit der überraschenden Auflösung eines
Mordfalls - als leichte Urlaubslektüre empfohlen.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 15. Juni 2009 2009-06-15 11:13:24