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Michael Böhm: Alain de Benoist und die Nouvelle Droite. Ein Beitrag zur Ideengeschichte im 20. Jahrhundert

Alain de Benoist und die Nouvelle Droite. Ein Beitrag zur Ideengeschichte im 20. Jahrhundert

von Michael Böhm
Verlag: LIT Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Philosophie
ISBN-13 978-3-8258-1711-4

Preis: aktuell keine Daten vorhanden
Die Globalisierung erfolgt vor dem neoliberalen Hintergrund einer doppelten Polarität von Moral und Wirtschaft: einerseits die Ideologie der Menschenrechte, andererseits die Versessenheit auf Produktivität, Wachstum und Profit. Eine natürliche Folge der Globalisierung ist die zunehmende Ohnmacht der Staaten und Regierungen, deren Parteienprogramme sich gleichen. Die Regierungen beschränken sich lediglich auf die Verwaltung von Dingen. Die Arbeitslosigkeit ist nicht mehr konjunkturell sondern strukturell bedingt. Dies zumindest ist die Auffassung des französischen Philosophen Alain de Benoist.

Alain de Benoist ist in seinem Heimatland genauso umstritten wie in Deutschland: Seinen Anhängern gilt er als brillanter, unkonventioneller Kopf, Kritiker halten ihm vor, eine Apologie des Faschismus zu betreiben. Dabei geht es im lediglich darum, auf Basis der freien philosophischen Reflexion zu zeigen, wie die Globalisierung auf sanfte Weise eine weltweite Gleichschaltung zu realisieren versucht, die alle kollektiven Identitäten und kulturellen Besonderheiten als Hindernisse nivelliert, ausrottet und damit selbst Züge des Faschismus in sich trägt. Die weltweite Ausweitung des Gleichen sei kein Friedensfaktor, sondern sie erzeuge vielmehr eine Aufreizung der mimetischen Rivalität bis zum Äußersten. Und in der Tat: Wer dies wirklich sehen will, vermag es täglich zu erkennen.

Der Politologe Michael Böhm versucht in einer "intellektuellen Biographie" Hintergründe und Strukturen des mit Energie prallen Denkens von Alain de Benoist zu erfassen und skizziert den Lebensweg eines nonkonformistischen Intellektuellen, dessen Antworten auf die defizitären Erscheinungsformen der modernen Gesellschaft mancherlei Sprengstoff für aktuelle ideenpolitische Diskussionen liefern dürften. Das Buch füllt endlich die große Lücke, die zu füllen einem großartigen Denker in Frankreich, der auch in Deutschland zunehmend wahrgenommen wird, Gerechtigkeit widerfahren läßt.

Im Folgenden zeichnet Böhm sehr genau und zielstrebig geistige Entwicklung de Benoists nach und sucht in den Themenbereichen tragisches Weltverständnis, Rassismus, Anti-Liberalismus, Anti-Egalitarismus und Kritik des Christentums nach Elementen von Kontinuität und Wandel. Die Bilanz des Autors überrascht nicht, basiert sie doch auf tiefer Kenntnis des Werkes des Philosophen: Alain de Benoist kennzeichne von Beginn seines intellektuellen Schaffens an ein anti-utilitaristisch-ästhetisches, anti-christliches, anti-liberales und anti-egalitaristisches Denken. Der Paganismus der Nouvelle Droite als Konsequenz der antichristlichen Haltung bezeichnet nichts anderes als die bewußte Sympathie - aufgrund spiritueller Verwandtschaft - gegenüber dieser Weltanschauung, die immer noch in den Köpfen und Herzen lebendig ist - eben weil sie nicht von gestern, sondern von immer ist und vom aufkommenden Missionarismus des Christentums plattgewalzt wurde.

Der Paganismus hat eine ästhetische Dimension: Das Richtige und das Gute sind vom Schönen nicht zu trennen. Der Sinn des Kommenden ist immer in dem Verhältnis zur Herkunft enthalten. Individualisierung durch die Zerstörung der Zugehörigkeitsgemeinschaften als Herkunftsmodus, Vermassung durch die Annahme standardisierter Verhaltensweisen und die Entsakralisierung durch das Zurückweichen der großen religiösen Berichte zur Erklärung der Welt seien gerade mit durch das Christentum verursacht.

Dem Rassismus steht bei de Benoist ein universalistischer und ein differentialistischer Antirassismus gegenüber. Der differentialistische Antirassismus, in dem sich die Nouvelle Droite wiedererkennt, ist der Ansicht, daß die unreduzierbare Vielfalt des Menschengeschlechts dessen Reichtum bildet. Die universalistische Form betrachtet die besonderen Identitäten der Völker als vorübergehend oder nebensächlich und ist allergisch gegen Unterschiede und erkennt lediglich eine künstliche gemeinsame Zugehörigkeit an. Sie ist für de Benoist der eigentliche Rassismus im negativen Sinne.

Erhebliche Wandlungen ergeben sich jedoch nach Böhms Ansicht im Themenfeld "Rasse" selbst. Während der Franzose in den 1960er Jahre noch biologistisch-rassistisch argumentiere und versuche, die "weiße Rasse" wertend über andere Rassen zu stellen, wandele sich dessen Sichtweise - auch im Zusammenhang mit Studien des logischen Empirismus - seit den 1970er Jahren durchgreifend. Seit dieser Zeit beginne sich Schritt für Schritt ein kulturrelativistischer Ethnopluralismus in seinem Denken durchzusetzen.

Die Ausmerzung jeglicher Transzendenz und der Egalitarismus gründen für de Benoist in der Vorstellung, daß alle Menschen gleichermaßen zur Erlösung berufen sind. Progressismus entspringt der Vorstellung, dass die Geschichte einen absoluten Beginn und ein notwendiges Ende besitzt. Dies aber könne nicht ein fruchtbares Weltverständnis sein! Als beständigen, substanziellen Kern im Denken Alain de Benoists macht Böhm nun auch vor allem im Gegenzug dessen "Tragischen Heroismus" aus, eine Lebenshaltung, die stets dem freien Geist, einer tragischen Seele und einem rebellischen Herzen verpflichtet bleibt und nicht auf eine immanente Erlösung drängt, sondern das nietzscheanische "amor fati", die Liebe zu dem was ist, egal, wie es sich ergebe, praktisch auslebt.
Fazit
Diese Monographie über de Benoist setzt neue Maßstäbe im Rahmen der Rezeption der Nouvelle Droite in Deutschland.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Daniel Bigalke [Profil]
veröffentlicht am 25. April 2009

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