Die Globalisierung erfolgt vor dem neoliberalen Hintergrund einer doppelten
Polarität von Moral und Wirtschaft: einerseits die Ideologie der
Menschenrechte, andererseits die Versessenheit auf Produktivität, Wachstum und
Profit. Eine natürliche Folge der Globalisierung ist die zunehmende Ohnmacht
der Staaten und Regierungen, deren Parteienprogramme sich gleichen. Die
Regierungen beschränken sich lediglich auf die Verwaltung von Dingen. Die
Arbeitslosigkeit ist nicht mehr konjunkturell sondern strukturell bedingt. Dies
zumindest ist die Auffassung des französischen Philosophen Alain de Benoist.
Alain de Benoist ist in seinem Heimatland genauso umstritten wie in Deutschland:
Seinen Anhängern gilt er als brillanter, unkonventioneller Kopf, Kritiker
halten ihm vor, eine Apologie des Faschismus zu betreiben. Dabei geht es im
lediglich darum, auf Basis der freien philosophischen Reflexion zu zeigen, wie
die Globalisierung auf sanfte Weise eine weltweite Gleichschaltung zu
realisieren versucht, die alle kollektiven Identitäten und kulturellen
Besonderheiten als Hindernisse nivelliert, ausrottet und damit selbst Züge des
Faschismus in sich trägt. Die weltweite Ausweitung des Gleichen sei kein
Friedensfaktor, sondern sie erzeuge vielmehr eine Aufreizung der mimetischen
Rivalität bis zum Äußersten. Und in der Tat: Wer dies wirklich sehen will,
vermag es täglich zu erkennen.
Der Politologe Michael Böhm versucht in einer "intellektuellen
Biographie" Hintergründe und Strukturen des mit Energie prallen Denkens
von Alain de Benoist zu erfassen und skizziert den Lebensweg eines
nonkonformistischen Intellektuellen, dessen Antworten auf die defizitären
Erscheinungsformen der modernen Gesellschaft mancherlei Sprengstoff für
aktuelle ideenpolitische Diskussionen liefern dürften. Das Buch füllt endlich
die große Lücke, die zu füllen einem großartigen Denker in Frankreich, der
auch in Deutschland zunehmend wahrgenommen wird, Gerechtigkeit widerfahren
läßt.
Im Folgenden zeichnet Böhm sehr genau und zielstrebig geistige Entwicklung de
Benoists nach und sucht in den Themenbereichen tragisches Weltverständnis,
Rassismus, Anti-Liberalismus, Anti-Egalitarismus und Kritik des Christentums
nach Elementen von Kontinuität und Wandel. Die Bilanz des Autors überrascht
nicht, basiert sie doch auf tiefer Kenntnis des Werkes des Philosophen: Alain de
Benoist kennzeichne von Beginn seines intellektuellen Schaffens an ein
anti-utilitaristisch-ästhetisches, anti-christliches, anti-liberales und
anti-egalitaristisches Denken. Der Paganismus der Nouvelle Droite als Konsequenz
der antichristlichen Haltung bezeichnet nichts anderes als die bewußte
Sympathie - aufgrund spiritueller Verwandtschaft - gegenüber dieser
Weltanschauung, die immer noch in den Köpfen und Herzen lebendig ist - eben
weil sie nicht von gestern, sondern von immer ist und vom aufkommenden
Missionarismus des Christentums plattgewalzt wurde.
Der Paganismus hat eine ästhetische Dimension: Das Richtige und das Gute sind
vom Schönen nicht zu trennen. Der Sinn des Kommenden ist immer in dem
Verhältnis zur Herkunft enthalten. Individualisierung durch die Zerstörung der
Zugehörigkeitsgemeinschaften als Herkunftsmodus, Vermassung durch die Annahme
standardisierter Verhaltensweisen und die Entsakralisierung durch das
Zurückweichen der großen religiösen Berichte zur Erklärung der Welt seien
gerade mit durch das Christentum verursacht.
Dem Rassismus steht bei de Benoist ein universalistischer und ein
differentialistischer Antirassismus gegenüber. Der differentialistische
Antirassismus, in dem sich die Nouvelle Droite wiedererkennt, ist der Ansicht,
daß die unreduzierbare Vielfalt des Menschengeschlechts dessen Reichtum bildet.
Die universalistische Form betrachtet die besonderen Identitäten der Völker
als vorübergehend oder nebensächlich und ist allergisch gegen Unterschiede und
erkennt lediglich eine künstliche gemeinsame Zugehörigkeit an. Sie ist für de
Benoist der eigentliche Rassismus im negativen Sinne.
Erhebliche Wandlungen ergeben sich jedoch nach Böhms Ansicht im Themenfeld
"Rasse" selbst. Während der Franzose in den 1960er Jahre noch
biologistisch-rassistisch argumentiere und versuche, die "weiße
Rasse" wertend über andere Rassen zu stellen, wandele sich dessen
Sichtweise - auch im Zusammenhang mit Studien des logischen Empirismus - seit
den 1970er Jahren durchgreifend. Seit dieser Zeit beginne sich Schritt für
Schritt ein kulturrelativistischer Ethnopluralismus in seinem Denken
durchzusetzen.
Die Ausmerzung jeglicher Transzendenz und der Egalitarismus gründen für de
Benoist in der Vorstellung, daß alle Menschen gleichermaßen zur Erlösung
berufen sind. Progressismus entspringt der Vorstellung, dass die Geschichte
einen absoluten Beginn und ein notwendiges Ende besitzt. Dies aber könne nicht
ein fruchtbares Weltverständnis sein! Als beständigen, substanziellen Kern im
Denken Alain de Benoists macht Böhm nun auch vor allem im Gegenzug dessen
"Tragischen Heroismus" aus, eine Lebenshaltung, die stets dem freien
Geist, einer tragischen Seele und einem rebellischen Herzen verpflichtet bleibt
und nicht auf eine immanente Erlösung drängt, sondern das nietzscheanische
"amor fati", die Liebe zu dem was ist, egal, wie es sich ergebe,
praktisch auslebt.
Fazit
Diese Monographie über de Benoist setzt neue Maßstäbe im Rahmen der Rezeption
der Nouvelle Droite in Deutschland.
Vorgeschlagen von Daniel Bigalke
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veröffentlicht am 25. April 2009 2009-04-25 11:21:24