F. Becker Drane hatte in der Schule diesen merkwürdigen Fragebogen ausgefüllt
und ihn wahrscheinlich gleich wieder vergessen. Damals war er 12 Jahre alt und
ein normaler Jugendlicher. Doch das geheimnisvolle System, das das Wetter und
die Träume der Menschen steuert, beschäftigt Becker inzwischen streng
konspirativ als Reparant. Dass in einem Hochhaus das Wetter für die ganze Welt
per Knopfdruck ausgelöst wird, kling noch plausibel. Doch der Schein, die
Parallelwelt, in die Becker sich durch eine ganz normale Tür begibt, stellt
einige Ansprüche an unser Vorstellungsvermögen. Hier gibt es ein so genanntes
Dazwischen und Röhren führen ins Endlose. Nicht nur das Wetter, auch die Zeit,
die Schwerkraft, der Schlaf der Menschen, alle gewohnten Phänomene werden im
Schein per Hand gesteuert. Wenn dabei etwas schief läuft, kommen die Reparanten
zum Einsatz.
Von ursprünglich 61 Bewerbern, die damals Interesse an einem Job in der
Parallelwelt hatten, ist Becker nach einer fundierten Ausbildung als einer von
wenigen übrig geblieben. Becker wird nach einer für sein Alter erstaunlichen
Karriere zum Pendler zwischen den Welten. Er geht tagsüber unauffällig zur
Schule und benutzt einen Dummie, einen aufblasbaren Ersatz-Becker, wenn er
nachts zur Arbeit in die Parallelwelt unterwegs ist. Auch mit der bestmöglichen
Tarnung kann niemand auf die Dauer unentdeckt ein Doppel-Leben wie Becker
führen. Der Direktor bestellt prompt Beckers Mutter in die Schule, weil der
Junge auf ihn einen unkonzentrierten Eindruck macht. Becker, der Reparant, hat
zur Zeit anderes im Kopf. Er soll die Welt davor retten, dass die Flut, eine
verdächtige Organisation, die Macht an sich reißt.
Für die Parallelwelt im Schein, in der Becker routiniert seiner Arbeit als
Reparant nachgeht, verknüpft John Hulme einige viel versprechende Ideen zu
einer spannenden Zeitreise. Durch den Abdruck sehr authentisch wirkender
Dokumente und die in unterschiedlicher Type gedruckten Versatzstücke soll das
Buch offensichtlich männliche Wenig-Leser ansprechen. In "Der Schein"
skizziert der Autor ein ausgesprochen bürokratisch arbeitendes System, in dem
alle Vorgänge durch ein exakt formuliertes Regelwerk vorgegeben sind. Der Autor
hat für seine Parallelwelt einen Wissenschaftler-Jargon entwickelt, der durch
die streng bürokratisch wirkende Liste der Begriffserklärungen im Anhang an
Glaubwürdigkeit gewinnt.
Band 2
The Seems. Der Schein. Explosion im Zeitzentrum
Band 3
The Seems. Der
Schein. Verschollen im Niemandsland
Fazit
Obwohl die unterschiedlichen Versatzstücke vom Leser an einigen Stellen nur
schwer miteinander zu verknüpfen sind, versteht es Hulme mit seiner
Zeitreisegeschichte und ihren Science-Fiction-Elementen, wie auch mit seinem
geschickten Spiel mit Worten und ihrer wechselnden Bedeutung zu fesseln.
Beckers auffällig problemloses Pendeln zwischen den Welten empfinde ich als
logischen Stolperstein der Handlung.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 22. April 2009 2009-04-22 12:02:03