Empirisch-soziologische Untersuchungen sind oftmals an den
Gesellschaftsstrukturen orientiert und haben die Form der Kulturkritik. Das
Modell des zivilisatorischen Apparates einer Linearität des Fortschrittes wird
verworfen, indem man sich auf die griechische Mythologie mit ihrem linearen
Geschichtsbild beruft, um den mentalen Progressismus der Moderne über die
klassische Linearität zu kompensieren. Diese Haltung möchte heraustreten aus
dem Fortschrittsglauben, dem Chiliasmus und der Utopie. Sie bezieht sich oft auf
das Denken der mediterranen Sphäre, in der Geschichtlichkeit oft als
eigenständiger Vorgang betrachtet wird, der kein Ende hat. Sie steht der
Annahme des Progressismus entgegen, dessen Vorstellung postuliert, daß die
Geschichte einen absoluten Beginn und ein notwendiges Ende besitzt.
Mediterranität und Zivilisationskritik am unbegrenzten Fortschritt korrelieren
also, um zu verhindern, daß die Wertbestimmung des Menschen nur in der Fassade
der reinen, leeren Funktionsbestimmung erfolgt. So wies auch der Soziologe
Arnold Gehlen auf den Leerraum hin, der sich in der komplexen modernen
Zivilisation zwischen dem, was einer tut, und dem, wovon er abhängt, öffnet.
Frühere politische Systeme der mediterranen Antike, so etwa Platons Werke,
hoben den Menschen hervor. Jetzt ist dieser nur noch in Kategorien und Tarifen
dem System eingepaßt und scheinbar zur Passivität verdammt.
Dieses Buch nun ist ein Hymnus auf die mediterrane Kultur mit ihrem ganz
eigenen, oft beschriebenen, Licht. Auf einer Reise nach Sparta, Kreta und die
Kykladen würdigt der Autor Landschaft und Pflanzenwelt, Mythos und Kunst,
Lebenswelt und Sensus unter dem Himmel des Zeus. Die Überhöhung einer großen
Vergangenheit trifft sich mit der beschriebenen vernichtenden Kritik der Moderne
und mit dem Ergebnis einer Liebeserklärung an den lakonischen Ethos. Es ist die
Aufgabe des Dichters, diese Anklage zu erheben - unabhängig, felsenfest und
überzeugt.
Fazit
Der Dichter weiß, daß die Kultur den Geist nach der herrschenden Ideologie
formt und man auf die Struktur der politischen Macht Einfluß ausüben kann,
indem man auf den Überbau der Kultur und der Ideen beispielsweise lyrisch
einwirkt. Suggestibilität und Beeinflussung bedeuten dem Dichter nichts,
sondern nur die verstärkte Selbstwahrnehmung und Selbstreflexivität. Es ist
das Dilemma des leidenden Dichters zwischen weltlicher Abseitigkeit und
potentiellem Ruhm, an dem Hölderlin zerbrach und dem Lammla hier treffliche
Verse zukommen läßt. So kommt er im "Polemos" nur folgerichtig zu
dem Schluß:
"Verwahre dein Herz dem Gemeinen
Und halte Dein Späheraug blank,
Und hüt dich vor solchen, die meinen,
Sie schuldeten Göttern nicht Dank."
Vorgeschlagen von Daniel Bigalke
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veröffentlicht am 28. März 2009 2009-03-28 11:41:10