Im Audiobuchverlag ist eine wunderbare historische CD erschienen: "Tanz auf
dem Vulkan". Sie behandelt die Notizen Harry Graf Kesslers, eines
Kunstmäzens und Diplomaten, der - wie wenige andere -als ein wichtiger Chronist
der Weimarer Republik betrachtet werden muss und im März 1933 vor den Nazis
fliehen mußte. Verarmt starb er im November 1937 in Paris.
Seine Tagebücher werden zur Zeit im Klett-Cotta-Verlag neu herausgegeben.
Kraftvoll liest der 1966 geborene Schauspieler Johannes Steck eine der
interessantesten Passagen des Tagebuches, die über die deutsche Revolution
1918/19. In diesen Monaten von November 1918 bis Januar 1919 überschlagen sich
die Ereignisse: Auf die Novemberrevolution folgen die Weihnachtsunruhen, der
Spartakusaufstand mit der Ermordung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs und die
Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung im Januar 1919.
Auszüge aus seinem Tagebuch aus diesen bewegten Jahren sind nun auf CD zu
hören. Der Herausgeber der Tagebücher im Klett-Cotta-Verlag, Roland Kamezlak,
gibt eine Einführung über Kessler und die Revolutionszeit. Besonders die
kraftvolle Stimme Stecks macht die Zeit "lebendig" und verständlich.
Volker Ullrich, renommierter Historiker der Zeit, hat im ZEIT-MAGAZIN Nr. 12 -
März 2009 (Literaturbeilage zur ZEIT vom 12. März 2009) folgendes dazu
geschrieben:
"Was beim Hören noch stärker auffällt als beim Lesen, ist eine
Beobachtung Kesslers, die sich wie ein Leitmotiv durch siene Aufzeichnungen
zieht - der frappierende Kontrast nämlich zwischen der welterschütternden
Umwällzung auf der einen und dem scheinbar normal weiterlaufenden Alltag auf
der anderen Seite."
Quelle: Volker Ullrich: Graf Kessler war nie auf einem Vulkan in: ZEIT-MAGAZIN
Nr. 12 - März 2009 (12.03.2009), S. 27
Diese Beobachtung hat auch Haffner in seinem Buch: "Die deutsche Revolution
1918/19" gemacht und es ist frappierend, wie aktuell nicht nur Graf
Kesslers Aufzeichnungen zu sein scheinen, sondern auch Haffners Buch - immerhin
aus dem Jahre 1968 - wieder wird.
Jedem an der neueren deutschen Geschichte des furchtbaren Jahrhunderts, welches
Eric Hobsbawm zu recht als "Zeitalter der Extreme" charakterisiert
worden ist, seien diese CDs - Preis: 19,95 € - wärmstens empfohlen. Volker
Ullrich schließt seine - interessante - Rezension im obigen Zeit-Magazin mit
dem nachdenklichen Satz:
"Der "Tanz auf dem Vulkan", von dem Kessler sprach - erleben wir
ihn nicht auch gegenwärtig angesichts einer globalen ökonomischen und
ökologischen Krise?"
Quelle: ebd.
Fazit
Beeindruckendes Hörerlebnis. Volle Punktzahl!
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 18. März 2009 2009-03-18 22:54:03