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Peter Hoffmann: Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Die Biographie

Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Die Biographie

von Peter Hoffmann
Verlag: Pantheon Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Biografie
ISBN-13 978-3-570-55046-5

Preis: 14,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
In der deutschen Staatsphilosophie des Wissenschaftlers Max Wundt kommt es immer wieder auf die Differenzierung an, ob in einer Form des Staates mehr die Einheit oder mehr die Trennung zur Geltung kommt. Der wahre Staat solle in seiner Form beides enthalten, denn dann ist die Vernünftigkeit des staatlichen Willens am sichersten gewährleistet. Dominiert jedoch ein Element, so etwa das Destruktive, Trennende und Vernichtende, keimt der Widerstand. Und neigt man dazu zu sagen, der Nationalsozialismus sei getragen von destruktiven Tendenzen gewesen, so mag dies richtig sein, muß aber stets auch vor dem Hintergrund gesehen werden, das eine der effektivsten Taten des Widerstandes nur auf Basis staatsphilosophischer deutscher Bildung aus Deutschland selbst kommen konnte und auch kam, um wieder verbindende und versöhnende Elemente einzuführen.

So kann sich auch das am 20. Juli 1944 verübte Attentat Claus Schenk Graf von Stauffenbergs auf Hitler besser verstehen lassen. Der Historiker Peter Hoffmann, einer der besten Kenner des deutschen Widerstands, entwirft in seiner zum Standardwerk gewordenen Biographie ein faszinierendes Porträt Stauffenbergs, seines familiären Umfelds und - deshalb ist das Buch etwas Besonderes - seiner geistigen Wurzeln. Das Werk hebt sich damit positiv vom TV-Guido-Knopp-Mainstream-Firlefanz ab. Der Autor Hoffmann schildert den schwierigen Weg des Offiziers, der sich lange an den Treueeid auf Hitler gebunden fühlte, hin zum Widerstandskämpfer, der die Ermordung Hitlers als einzigen Ausweg sah. Dies geschieht ganz zentral parallel zu den Schilderungen des geistigen Bildungsweges Stauffenbergs bis hin zum Attentat.

Hoffmann hat in seiner Biografie ein Standardwerk geschaffen, daß mit vielen Details zur Person Stauffenbergs aufwartet und beeindruckt. So etwa, daß der zukünftige Attentäter die Angewohnheit hatte, seine Arbeit zu unterbrechen und ein Gedicht Stefan Georges vorzutragen. Dies zeigt, daß Stauffenberg ein geistiger Mensch war und daß der philosophisch und lyrisch feinfühlige Geist seiner Person das Attentat oder den Entschluß dazu erst möglich machte.

Für Stauffenberg kam das neue, geheime Deutschland am besten in der Lyrik zu Wort. Seine Seher waren Hölderlin oder geben George. Stauffenberg hat sich, gebunden an diese Dichter und Denker, einem Bund verschrieben, dessen Ziele höher standen als kurzzeitige Vorteile oder persönliche Beziehungen. Er forderte die Kraft des ganzen Menschen, den Mut und die Entscheidung. Diese Basis war der Nährboden für seine Verschwörung, für den Versuch, den ersten Schritt hin zum besseren Deutschland zu tun. So ist das Prägebild des "Geheimen Deutschland" nicht ignorierbar, wenn es um eine sinnvolle Erzählung der Geschichte des 20. Juli geht. Es ist das Vermächtnis für ein besseres Deutschland, und zwar immer wieder und zu jeder Zeit. Stauffenberg hoffte - und dafür stehen auch die lehrreichen Zeilen Hoffmanns - daß einem Deutschland, das sich selbst befreit hätte, die Vernichtung durch die Sieger aus Gründen der politischen und wirtschaftlichen Vernunft erspart bleiben würde. Wenn sich der Widerstand geirrt haben sollte, so nur in diesem Punkte, denn was 1945 folgte, war die geistesgeschichtliche und physische Vernichtung Deutschlands und seiner Traditionen von vor dem Interregnum des NS.

Die unerbittliche Forderung jener Männer um Stauffenberg war: Die geistige Wandlung des Menschen, d.h. die Absage an den Materialismus und die Überwindung des Nihilismus als Lebensform. Der Mensch sollte wieder hineingestellt werden in eine Welt christlicher Ordnung, die im Metaphysischen ihre Wurzeln hat; er sollte wieder atmen können in der ganzen Weite des Raumes, die zwischen Himmel und Erde liegt. Er sollte befreit werden von der Enge einer Welt, die sich selbst verabsolutiert, weil Blut und Rasse und Kausalitätsgesetz ihre letzten Weisheiten waren. Und eben damit waren diese Revolutionäre weit mehr als nur die Antipoden von Hitler und seinem unseligen System; ihr Kampf ist neben der aktuellen Bedeutung für das Zeitgeschehen unserer Tage auf einer höheren Ebene der Versuch gewesen, das 19. Jahrhundert geistig zu überwinden. Wer diese Fakten nicht kennt, kennt auch die Geschichte des Widerstandes nicht.
Fazit
Wir haben damit eine der besten und konkretesten Darstellungen der Geistesgeschichte des 20. Juli vorliegen.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Daniel Bigalke [Profil]
veröffentlicht am 07. März 2009

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