Alexis würde nie den Blick aus seinem Elternhaus auf Mauritius über das Grün
der Zuckerrohrfelder hinweg vergessen und die Geräusche der Ochsenkarren, die
das geschnittene Rohr von den Feldern in die Zuckerfabrik transportierten. Mit
seiner nur ein Jahr älteren Schwester Laure verbringt Alexis kurz vor der Wende
zum 20. Jahrhundert eine behütete Kindheit auf derr Insel am Rand des indischen
Ozeans. Seine Familie betreibt dort eine Zuckerrohrfarm. Unterrichtet werden die
einander innig zugetanen Geschwister von ihrer Mutter, die ihre Kinder mit
ihrer Begeisterung für Geschichten und Bücher ansteckt. Auch der Vater ist
ein begeisterter Geschichtenerzähler, der jedes Mal aufblüht, wenn er seinen
Kindern vom Meer und von Schiffen erzählen kann. Abenteuerliche Entdeckungen
in den alten Schiffskoffern auf dem Dachboden wecken Alexis Interesse an
Entdeckern und Schatzsuchern. Alexis segelt gern mit seinem schwarzen Freund
Denis in einem kleinen Boot zum Angeln. Unbeobachtet von Erwachsenen genießen
die beiden ungleichen Kameraden das gemeinsame Schweigen. In den Gesprächen der
Erwachsenen kündigt sich an, dass der Vater sich geschäftlich verspekuliert
hat. Denis plötzliches Verschwinden lässt einschneidende Umwälzungen auf der
Insel befürchten. Ein Orkan schneidet die kleine Familie von der restlichen
Insel ab, die Mutter erkrankt schwer und schließlich münden die
wirtschaftlichen Probleme in einem Aufstand auf der Zuckerrohplantage, der von
berittenen Soldaten niedergeschlagen wird. Den Fortzug von der Insel empfinden
die Kinder als Vertreibung aus ihrem Paradies. Sie leben nun nicht mehr am Meer
und müssen, weitgehend auf sich allein gestellt, viel zu früh erwachsen
werden. Alexis taucht in die Welt der Freibeuterromane ein, er teilt damit einen
gemeinsamen Traum mit seinem Vater. Einer der wichtigsten Momente für Alexis
wird der sein, an dem er Kapitän Bradmer kennen lernt, auf dessen Schoner Zeta
er jahrelang zur See fahren wird. Das kleine Boot beliefert die winzigen Inseln
im indischen Ozean mit Waren. Alexis läst sich schließlich von Papieren aus
dem Jahr 1761, die sein Vater hinterließ, dazu anregen, sich auf die Suche nach
einem Piratenschatz zu machen, eine Idee, die ihn schon seit seiner Kindheit
begleitete.
Alexis, der ein besondere Begabung hat, die Langsamkeit auf See wahrzunehmen,
sich von Wind oder Flaute leiten zu lassen, betrachtet nun die Natur des
indischen Ozeans mit den Augen des Schatzsuchers. Die Inselbewohner fragen ihn,
den Schatzsucher: Wie kann es hier Gold geben, wenn doch alle Menschen arm sind?
Die Begegnung mit einem fischenden Mädchen am Strand macht Alexis zunächst
sprachlos; denn er hat auf seinen Erkundungen schon lange keinen Menschen mehr
getroffen. Die fremde Mädchenfigur am Strand taucht auch in anderen Romanen le
Clézios auf. Erneut erlebt Alexis das Ende einer Idylle, als er und die
Inselbewohner sich beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs freiwillig zur
französischen Armee melden.
Fazit
Le Clézio erweist sich in "Der Goldsucher" wie gewohnt als
großartiger Erzähler, dessen Stärke in der stimmungsvollen Schilderung der
Insel Mauritius im indischen Ozean und besonders auch dem Erzählen aus der
Perspektive eines Kindes liegt.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 19. Januar 2009 2009-01-19 13:39:28