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Renate Dorrestein: Das Erdbeerfeld

Das Erdbeerfeld

von Renate Dorrestein
Verlag: BTB [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Thriller
ISBN-13 978-3-442-73601-0

Preis: 4,06 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. Dezember 2024]
Alle Kinder des ambitionierten Wohnhof-Projekts haben einen berufstätigen Vater und eine Nur-Hausfrau-Vollblut-Mutter. Nur Loes wohnt mit ihrer beruflich selbständigen Mutter und "den Lucos" in einer Art Wohngemeinschaft im alten Pfarrhaus. Jeder der beiden Lucos, Ludo und Duco, zeigt sich als hinreißender Ersatzvater, von dem ein Kind nur träumen kann. Unter diesen unkonventionellen Verhältnissen wächst die wilde, temperamentvolle Loes wie eine niederländische Pippi Langstrumpf auf. Loes interessiert sich nicht allein für Piraten, sie ist Piratin. Noch ehe Loes 6 Jahre alt ist, hat sie im Ort die Rolle der Anführerin phantasievoller Abenteuerspiele übernommen. Als Tochter einer Kinderbuch-Illustratorin ist Loes eine grandiose Geschichten-Erzählerin, der jeder unbesehen glaubt, dass sie schon einmal von einer Boa verschluckt worden ist. "Das arme Kind" tönen die anderen Mütter sensationslüstern. Mit altklugem Unterton erzählt Renate Dorrestein aus der Wir-Perspektive der Kinder, wie geschickt die jungen Mütter ihre Unzufriedenheit in der vermeintlichen Idylle der Neubausiedlung verdrängen. Einziges Gesprächsthema sind die Kinder und der unkonventionelle Lebensstil von Loes Mutter. Ebenso wie die Kinder ohne Loes nicht wüssten, was sie spielen sollen, könnten ihre Mütter nicht ohne die schillernde Persönlichkeit der Kartenlegerin aus dem alten Pfarrhaus sein.

Eines Tages zieht Thomas mit seiner Familie in den kleinen Ort. Loes liebt ihren neuen Spielkameraden innig - doch ausgerechnet ihre unkonventionelle Mutter hat Bedenken gegen den Jungen. In der Schule kämpft die erfindungsreiche Loes mit Problemen beim Lesenlernen. Während alle Kinder schon längst lesen können, stolpert Loes noch immer über einzelne Buchstaben. Doch es kommt noch schlimmer. Thomas Vater wird auf makabre Weise ermordet und Loes Mutter als Täterin verurteilt. Die Lucos sorgen weiter hingebungsvoll für ihre Pflegetochter. Von hier an erzählt Loes die Geschichte selbst. Sie wird mittlerweile von ihren Klassenkameraden ausgegrenzt und gemobbt. Wie so häufig sind Streiche und Lügengeschichten so subtil eingefädelt, dass man den Tätern kaum etwas nachweisen kann.

Jahre später hat Loes Mutter ihre Haftstrafe abgesessen und sich in der langen Zeit der Haft von ihrer Tochter entfremdet. Um einen Neuanfang zu wagen, ziehen Mutter, Tochter und die Lucos auf die kleine schottische Hebriden-Insel Lewis. Loes Mutter hofft, dass sie hier wieder einen Weg zu ihrer Tochter finden kann. Loes tut der Neuanfang sichtbar gut, sie ist jetzt 12 Jahre alt, geht in eine schottische Schule und lebt mit ihrer neuen Clique ein ganz normales Leben. Als Loes sich zum ersten Mal und noch sehr scheu für einen Jungen interessiert, wird deutlich, dass Loes und ihre Mutter offensichtlich das Schweigen über die damaligen Ereignisse verbindet. Über die Ermittlungen zum Tod von Thomas Vater gibt es deutlich mehr zu berichten, als die Leser bisher erfahren konnten. Als in den Sommermonaten niederländische Touristen auf die Insel kommen, wird Loes erneut mit dem Mordfall aus ihrer Kindheit konfrontiert.
Fazit
Dorresteins fesselnder Roman "Das Erdbeerfeld" verbindet einen ungewöhnlichen Mordfall mit dem Heranwachsen einer jungen Frau. Renate Dorrestein erzählt konsequent aus der Perspektive von Kindern. Sie trifft exakt den Ton kindlicher Erzähler, die Gespräche Erwachsener mit angehört haben und noch nicht alles begreifen, was sie weiter erzählen. Zu Beginn des subtil konstruierten Psycho-Thrillers sind die Erzähler noch Kleinkinder, deren Ausdrucksfähigkeit sich mit der Einschulung weiter entwickelt. Die Erzählperspektive wechselt zu Loes als Zwölfjähriger und weiter zur erwachsenen Loes, die wieder allein mit ihren Ersatzvätern lebt, nachdem ihre Mutter die Insel verlassen hat. Auf Atem beraubende Art enthüllt das Buch zudem Mechanismen des Verdrängens, Verleugnens und Ausgrenzens in einer vordergründig idyllischen Gemeinschaft.
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 28. Dezember 2008

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