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Claus D. Kernig: Lenins Reich in Trümmern

Lenins Reich in Trümmern

von Claus D. Kernig
Verlag: Deutsche Verlagsanstalt [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-421-05322-1

Preis: 2,16 Euro bei Amazon.de [Stand: 24. November 2024]
Kernig hat mit diesem Buch eine hervorragende Analyse des Zerfalls der früheren UdSSR vorgelegt und für mich auch überzeugend begründet, dass auch in absehbarer Zukunft nicht mit einer schnellen Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Russland zu rechnen ist. Kernig weist anhand profunder Analysen und empirischer Daten nach, dass die Ursache des Zerfalls der früheren UdSSR letztendlich darin zu suchen ist, dass die UdSSR über ihre Leistungsfähigkeit hinaus sich totrüstete und außerdem im Zustand der Industriegesellschaft verharrte, während die westlichen Staaten auf dem Level der Dienstleistungsgesellschaft angekommen waren. Phänomene wie Schattenwirtschaft und mafiotisches System werden ebenfalls hervorragend erläutert. Als Quellen benutzt Kernig hauptsächlich Primärliteratur beteiligter Personen, etwa die Memoiren Gorbatschows und der - leider noch nicht ins Deutsche übersetzten - Memoiren von Jegor Ligatschow, dem Rivalen und langjährigen Zweiten ZK-Sekretaer unter Gorbatschow. Vernichtend fällt Kernigs Urteil über Boris Jelzin aus: Er habe die Sowjetunion nicht wirklich reformieren wollen, sondern lediglich über den Untergang der UdSSR an die Macht kommen wollen. Putin, so diagnostiziert Kernig, sei lediglich ein Produkt der Oligarchen (hier stimme ich ihm nicht zu); der Tschetschenien-Krieg habe ihm geholfen, mittels patriotischer Stimmungen und ohne Programm an die Macht zu kommen. Ob der russische Inlandsgeheimdienst die Anschläge in Moskau und anderen Städten selber verursacht habe, die zum 2. Tschetschenien-Krieg führten, wagt Kernig nicht zu bewerten. Dies solle zukünftigen Historikern überlassen werden. Ähnlich wie Wilhelm Hankel in seinem Buch "Das grosse Geld-Theater" stellt Kernig fest, dass es kein funktionierendes Geld-, Banken- und Kreditwesen in der früheren UdSSR und im heutigen postsowjetischen Russland gab und gibt. Der Staat müsse eine Währungs-Reform durchführen, um zu hartem Geld zu gelangen, die Produktion müsse schrittweise zur Vermarktung freigegeben werden. Doch die wenigen Äusserungen Putins liessen schlimmes erwarten: seine Äusserungen weckten Erinnerungen an die Zeit unter Breschnjew, während der - wie in der gesamten früheren UdSSR - Militürs und Rüstungsindustrie den Ton angaben.

Hervorragend ist, wie gründlich Kernig, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Berlin mit Forschungsschwerpunkt Sowjetunion, die vorhandenen Primär- und Sekundärquellen auswertet. Außerdem schreibt er in verständlichem Stil, so dass - dies ist der eigentliche Wert des Buches - die langfristigen Ursachen des Zerfalls der UdSSR jenseits aller tagespolitischen Ereignisse sichtbar werden.
Fazit
Ein hervorragendes Buch; für mich das beste, welches ich in den letzten Jahren zu diesem Thema gelesen habe.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne

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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 27. April 2003

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