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Helmut Hansen: Von der Entdeckung Gottes am Rande des Universums

Von der Entdeckung Gottes am Rande des Universums

von Helmut Hansen
Verlag: Verlag Via Nova [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Philosophie
ISBN-13 978-3-86616-022-4

Preis: 15,90 Euro bei Amazon.de [Stand: 24. November 2024]
Die Kritische Transzendentalphilosophie Immanuel Kants ist bekanntlich diejenige der Aufklärung und des Rationalismus. Er wollte den Menschen zur Selbstbefreiung aus nicht durchschauten und nicht bewußt übernommenen, sondern auferlegten religiösen, sozialen und politischen Bindungen aufrufen und befähigen. Kant ist mit seiner kritizistischen Transzendentalphilosophie zum eigentlichen Angelpunkt des neuzeitlichen Denkens geworden. Er legt den Grund für die Unumkehrbarkeit der neuzeitlichen Subjektivität. Es geht um die Frage ob und wie die Vernunft und die Erfahrung zusammenzubringen sind und welche Folgen sich daraus für die Geltung und Reichweite des Prinzips der Subjektivität ergeben. Der Verstand erkennt die Dinge, weil er auf die sinnliche Wahrnehmung angewiesen ist, nur als Erscheinungen, nämlich unter den Anschauungsformen von Raum und Zeit. Das denkende Subjekt ermöglicht durch die Weise seiner Erfahrungskenntnis den Zugriff auf die Objektivität der Gegenstände, so daß die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt sich zugleich als die Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung und als der Grund der Möglichkeit aller Erkenntnis erweisen.

Diese theoretische Vernunft muß gleichwohl die Idee eines Dinges an sich bzw. der Dinge an sich sowie die Ideen der Welt oder die Idee Gottes und der Seele erscheinen als ein Ding der Unmöglichkeit. Die Vernunft kann diese Idee der Welt im Ganzen oder die Vorstellung Gottes lediglich postulieren, aber nicht abschließend wissen. Kants Idee ist die entscheidende Idee der Freiheit. Sie wird aber nur in praktischer Hinsicht erfahrbar.

Es stellt sich die Frage nach der heutigen Bedeutung der Metaphysik, die einst Königsdisziplin aller Wissenschaft war und nach dem absoluten Urgrund des Seins suchte. Dieser sei transzendent und nicht empirisch erfahrbar. Kant erklärte die Beweisbarkeit Gottes auf empirischem Wege als wissenschaftlich unmöglich. Natürlich läutete er damit den historischen Niedergang der Metaphysik ein. Sein Nachfolger Johann Gottlieb Fichte meinte schließlich in seinen "Anweisungen zum seligen Leben" zum Unterschied zwischen eigentlichem Denken und bloßem Meinen:

"Sondern darin besteht die Religion, daß man, in seiner eigenen Person, und nicht in einer fremden, mit seinem eigenen geistigen Auge, und nicht durch ein fremdes, Gott unmittelbar anschaue, habe, und besitze. Dies aber ist nur durch das reine und selbständige Denken möglich; denn nur durch dieses wird man eine eigene Person. (...) Das reine Denken ist selbst das göttliche Dasein; (...)."

Das reine Denken wird damit selbst zum im Menschen wohnenden Potential Gottes und dies kann eben nur ein transzendentales sein, weil "Denken" eben nie empirisch fassbar ist. Keine Frage: Ein Gottesbeweis auf empirischer Basis wird damit sehr schwer!

Dennoch: Können Gottesbeweise eine spannende Lektüre sein? Diese Frage stellt sich Hansen im vorliegenden Buch und schlägt bei aller Größe der Transzendentalphilosophie eine Schneise in sie hinein, die den Nachweis Gottes als empirisch vertretbar hält. Nach der Lektüre dieses Buches wird der Leser die Frage nach der Beweisbarkeit Gottes als spannende Lektüre positiv beantworten. Hansen macht deutlich, daß in der Atom- und Teilchenphysik mit Hypothesen gearbeitet wird, deren Aussagen nicht, noch nicht und vielleicht auch nie empirisch verifiziert werden können. Niemand wird je Strings oder Higgs-Teilchen sehen können, aber ihre Existenz ist an ihren Wirkungen nachweisbar. Kann dann nicht auch die Existenz Gottes an seinen Wirkungen deutlich werden? Die überzeugende Schlußfolgerung des Verfassers: Das Universum gibt charakteristische Hinweise auf einen letzten, transzendenten Grund - auf Gott.

Die große Leistung des Buches besteht darin, daß die Metaphysik der modernen wissenschaftlichen Beweisführung zugänglich gemacht werden kann und sollte. Es lieg hiermit die Grundlegung einer modernen Metaphysik vor. Es gibt kein Leben in einem sinnlosen Universum. - Die Geschichte der alten Metaphysik, ihr Niedergang und der moderne Weg zum Gottesbeweis finden sich in diesem Buch. Fazit: Moderne Metaphysik ist nicht mehr länger eine Sache des Glaubens, die sich vor empirisch motivierten Angriffen in Acht zu nehmen hat, sondern betrifft einen bisher noch unerschlossenen Bereich der Wirklichkeit und ist gerade damit empirisch operabel. Ungeachtet unseres säkularen Zeitalters ist die Suche nach jenem transzendenten Grund, den wir in Europa lange Zeit mit dem Begriff ‚Gott' identifiziert haben, nach wie vor Lebensmotiv.
Das Buch handelt von dieser uralten Schlüsselfrage der Philosophie. Es zeigt, daß sich diese Frage - entgegen kollektiver Einschätzung - sehr wohl mit den Methoden der modernen Naturwissenschaft entscheiden läßt, zudem mit einem höchst überraschendem Ergebnis. Es basiert auf der Erkenntnis, daß ein Universum mit transzendentem Grund einer ganz spezifischen Bedingung genügen muß: Es muß per se so eingerichtet sein, daß sein Grund - entsprechend der Forderung nach Transzendenz - von einem innerweltlichen Standpunkt aus jeglichem Blick entzogen bleibt. Diese gemutmaßte "Bedingung der Konspirativität" ließ sich auf eine unerwartet kompakte Weise präzisieren: Sie beinhaltete nämlich die Forderung, daß ein Universum mit transzendentem Grund an seinem äußersten Rand notwendig eine Übereinstimmung aufweisen mußte. Es zeigte sich nun, daß das von uns beobachtete reale Universum eben diese Bedingung faktisch zu erfüllen scheint.

Zwar ist die Welt, in der wir leben, für Kant ganz und gar ideal; d.h. von uns, unserem Erkenntnisvermögen, geformt, gestaltet und gebildet. Kants Kategorien besitzen damit zwar transzendentale Idealität, aber immer auch empirische Realität. Insofern ist Hansen Recht zu geben, wenn etwas Transzendentales wie "Gott" auch empirisch an seiner Wirkung in der Welt betrachtet werden muß. Beide Methoden sind verknüpft. -
Fazit
Das Buch birgt in sich eine bedeutende Dimension für die Philosophie der Gegenwart.
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Vorgeschlagen von Daniel Bigalke [Profil]
veröffentlicht am 30. November 2008

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