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Jhumpa Lahiri: Einmal im Leben

Einmal im Leben

von Jhumpa Lahiri (Biografie)
Verlag: Rowohlt Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-498-03929-5

Preis: 1,88 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Kaushik hat nie erfahren, dass Hema damals für ihn schwärmte. Sie war sechs Jahre alt, als die Familie Choudhoury aus den USA nach Indien zurückkehrte. Wer in die indische Heimat zurückging, kam nicht wieder in die USA zurück, das hätten die Choudhouris damals wissen müssen, fanden Hemas Eltern. Hema erinnert sich noch an jedes Detail der Abschiedsparty für die geachteten Freunde ihrer Eltern und berichtet an Kaushik gerichtet in der Du-Form. Es war keine Frage, dass Hemas Eltern ihre alten Freunde bei sich aufnahmen, nachdem die Choudhourys ihrer bengalischen Heimat nach ein paar Jahren zum zweiten Mal den Rücken kehrten. Hema ist nun dreizehn Jahre alt und verbirgt, dass sie für den drei Jahre älteren Kaushik Choudhoury schwärmt. In der erzwungenen Intimität auf engem Raum brechen die Gegensätze zwischen Hemas bescheiden lebender Familie und den sich übertrieben amerikanisch gebärdenden Choudhourys auf. Schließlich verrät Kaushik, dass seine Mutter Parul schwer krank ist und vor der überwältigenden Fürsorge des bengalischen Familienclans zurück in die USA flüchtete.

Als Kaushik schon studiert, wird Jahre später der Tod seiner Mutter und die Zeit mit Hemas Familie für ihn wieder lebendig, als sein Vater ankündigt, dass er wieder heiraten will. Kaushik führt längst sein eigenes Leben, hat nur noch losen Kontakt zu seinem Vater. Die Zeit mit Hemas Familie empfindet der junge Mann aus indischer Familie in der Erinnerung als sein letztes Zuhause. Als damals die Erinnerungsstücke an Parul auf dem Boden verschwanden, verstummten auch die Gespräche zwischen Vater und Sohn. Vater Choudhourys Heirat mit der jung verwitweten, traditionell erzogenen Chitra aus Indien zwingt die beiden Männer, sich ihren Erinnerungen an Kaushiks Mutter zu stellen.

Inzwischen ist Hema eine beruflich erfolgreiche Frau Mitte Dreißig, ihre Eltern leben längst wieder in Indien. Hema hat gerade - bestärkt durch die ernüchternde Bilanz einer langjährigen Beziehung zu einem verheirateten Mann - in eine Vernunftehe mit einem Inder eingewilligt und ist auf dem Weg nach Indien. Bei einem halb beruflichen Aufenthalt in Rom kreuzen sich Hemas Wege überraschend mit denen Kaushiks. Der unruhige Weltenbummler, der als Fotograf von einem Krisenherd zum anderen gereist war, hat zum ersten Mal in seinem Berufsleben eine feste Stelle angenommen und wird aus Europa nach Hongkong übersiedeln. Hema und Kaushik sind hingerissen voneinander. Kann eine Liebe zwischen Freunden aus Kindertagen eine Zukunft haben?

In Kurzgeschichten Melancholie der Ankunft und einem Familienroman Der Namensvetter gab Jhumpa Lahiri bereits Einblick in die indische Community in den USA. Durch Auskopplung aus dem Band "Unaccustomed Earth" wird die melancholische Liebesgeschichte Hemas und Kaushiks zu Recht in den Mittelpunkt der Leser-Aufmerksamkeit gerückt. Lahiri nimmt in der aus drei Einzelgeschichten zusammen gesetzten Erzählung ihr Motiv der geschlossenen Parallelgesellschaft indischer Einwanderer wieder auf. In der verhaltenen Konfrontation zwischen der bescheiden lebenden Familie Hemas und den kapriziösen Choudhurys zeigt die Autorin die Brüche innerhalb dieser nach innen überwältigend gastfreundlichen Gemeinschaft auf. Hema hat sich mit ihrem Studium zwar ihre persönlichen Träume erfüllt; den Wünschen ihrer Eltern für ihre Zukunft wird sie jedoch erst mit einer traditionellen Eheschließung nachkommen können.

Hemas und Kaushiks Erinnerungen sind von einer tiefen Melancholie durchzogen. An einem Wendepunkt in ihrem Leben treffen sich zwei Menschen, die als Kinder einmal vertraut miteinander waren. Beide spüren, dass sie nicht jünger werden, dass es an der Zeit ist, Jugendträume und Illusionen zu begraben, sich auf das Machbare zu beschränken. Die Chance, die für beide in dieser unerwarteten Begegnung liegt, gibt es nur einmal im Leben.
Fazit
In schlichter, poetischer Sprache, die erst beim zweiten Lesen ihre Geheimnisse Preis gibt, konfrontiert Jhumpa Lahiri ihre Leser in Form einer melancholischen Liebes-Geschichte mit den Lebensentwürfen der Kinder indischer Einwanderer in den USA.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 07. Oktober 2008

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