Die USA führen, wie ungewöhnlich, Krieg. Einen sinnlosen Krieg in Asien, etwa
vergleichbar dem Krieg in Vietnam. Schaut man auf das Datum der
Veröffentlichung in den Vereinigten Staaten von Amerika, wird einem klar, dass
nur Vietnam gemeint sein kann. Thomas M. Disch zeigt deutlich mit beissenden
Sarkasmus, was er von seinem Land hält. Die Regierung, ein streng
reglementierter Polizeistaat, hat jedoch nicht nur dort zu kämpfen, sondern
auch im eigenen Land. Junge Intellektuelle proben den Widerstand, den es zu
brechen gilt. Die totalitäre Regierung lässt die oppositionellen Aufrührer in
Internierungslager sperren, ähnlich denen in Guantanamo. Wissenschaftler, im
Dienste der Regierung, dürfen an diesen rechtlosen Gefangenen Versuche
durchführen und nehmen damit alte Lageraktivitäten von Konzentrationslagern,
daher der Name, der Nazis auf.
CAMP CONCENTRATION erschien zuerst als eine Serie im Magazin NEW WORLDS. Manch
einer der damaligen Kritiker meinte, Thomas M. Disch würde damit der britischen
New Wave näher stehen als der amerikanischen SF. Das Buch erzählt die
Geschichte des Kriegsdienstverweigerers Louis Sachetti, der im Lager Archimedes
inhaftiert wurde. (Es könnte aber auch Thomas M. Disch selbst gewesen sein,
dessen Militärlaufbahn mit einem dreimonatigen Aufenthalt in der Psychiatrie
endete). Zunächst in einem normalen Gefängnis inhaftiert wird er bald in ein
Konzentrationslager überführt. Die Lagerärzte des unterirdischen Komplexes
experimentieren an ihm und seinen Mitgefangenen mit einem mutierten Erreger
namens Pallidin. Pallidin ist eine Syphillis-Abart. Der Erreger steigert bei den
Inhaftierten, die sowieso schon zu den Intellektuellen gehören, die geistigen
Fähigkeiten. Dies scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv zu sein. Die
Nebenwirkung ist es jedoch, die die Wissenschaftler im Auge haben. Die
Lebensdauer der Versuchsobjekte sinkt auf einige, wenige Monate.
Louis Sachetti erlebt die Höhen und Tiefen einer gesteigerten Intelligenz.
Damit einher geht eine Todesangst, die in reine Verzweiflung umschlägt. Dies
schlägt sich vor allem in den Tagebucheintragungen nieder.
Im letzten Moment überlebt Louis seinen sicheren Tod. Dieser vollkommen
unlogische Schluss des Romans hat Thomas M. Disch bei den Kritikern viele
Sympathien gekostet, die er durch eine wachsende Leserschaft aber wett machen
konnte.
Fazit
CAMP CONCENTRATION ist ein sehr eindringlich geschriebenes Buch ein bedeutendes
Werk der Science Fiction. Ganz deutlich zeigt Thomas M. Disch auf, wie
Regierungen mit der eigenen Opposition umgehen. Unbequeme Menschen werden aus
dem Weg geräumt, den Mahnern kein Gehör geschenkt, sondern mundtot gemacht.
Trotz seines glücklichen Endes für den Haupthandlungsträger bleibt der Roman
düster und sehr pessimistisch. Und weil seine Handlungsträger als Mahner sehr
stimmlos sind, wird der Autor selbst dazu. Er fordert mit seinem Buch eine
kritische Betrachtung der Regierung heraus, wird geradezu zu einem
intellektuellen Duellanten, dessen Gegner, die Regierung, nicht antritt. Diesen
Bezug von Fiction zur Wirklichkeit war damals nicht üblich. Der literarisch
mahnende Tastendruck der Schreibmaschine zeigt deutlich, zu welchen Mitteln eine
Regierung greifen kann und welch schmaler Grat es ist, sie auch anzuwenden. Ein
kritischer Roman, der auch in der deutschen Übersetzung Gertrud Baruch nichts
an seiner Eindringlichkeit verliert.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 11. Juli 2008 2008-07-11 17:44:29