Als Gabriel 7 Jahre alt ist, scheint sein Lebensweg vorgezeichnet. Jager,
Gabriels Vater, betreibt in Navora ein Handelshaus mit Handelsschiffen und
Niederlassungen in vielen Ländern. Als ältester Sohn soll Gabriel das
väterliche Unternehmen weiter führen. Doch Gabriel fühlt sich zum Heiler
berufen und ist über die Pläne seines Vaters zutiefst unglücklich. In
Gabriels 14. Lebensjahr stirbt Jager und die Brüder des Vaters versuchen,
Gabriel zu seiner vorbestimmten Aufgabe zu zwingen. Doch Gabriel wird
überraschend von Großmeister Salverion als Schüler der Heilkunst aufgenommen
und die Auseinandersetzung mit den Onkeln scheint im Sande zu verlaufen.
Salverion und die Meister der Zitadelle lehren Chirurgie, Akupunktur,
Krankenpflege, Traumdeutung und die "Macht der heilenden Träume".
Gabriel wird vertraglich dazu verpflichtet, sich 7 Jahre lang nur auf seine
Ausbildung zu konzentrieren und als Schüler der Heilkunde ein abgeschiedenes
Leben in der Zitadelle führen.
Salverion ist zugleich Arzt der Kaiserin Petronia und weist seinen Schüler
Gabriel auch in diese Pflicht ein. Petronia ist sehr interessiert an
Traumdeutung, besonders wenn ein attraktiver junger Mann sich als begabter
Traumdeuter erweist. Doch das Interesse, dass die Kaiserin an Gabriel zeigt,
ruft Petronias Ratgeber Jaganath auf den Plan, der seinen Einfluss als
kaiserlicher Seher durch Gabriel bedroht sieht. Jaganath ist ein gefährlicher
Gegner, der seine Seher-Gabe bisher skrupellos zur Manipulation der Kaiserin
eingesetzte hat. Der Konflikt zwischen den beiden Männern eskaliert in der
Auseinandersetzung um die Rechte der Shinali, ein eingeborenes Volk, das die
Navoraner mit fragwürdigen Verträgen um ihr Land gebracht haben. Gabriel hat
die junge Heilerin Ashila vom Stamm der Shinali kennen und lieben gelernt, als
er seine Mutter besuchte, die inzwischen Landwirtschaft im Grenzgebiet zum Land
der Shinali betreibt. Die Shinali sind am friedlichen Zusammenleben der Völker
interessiert und möchten im Grenzgebiet gern Handel mit den Navoranern
betreiben. Auf Gabriel, die einzige Person, die zwischen den Shinali und den
Navoranern vermitteln könnte, richtet sich nun die Hoffnung aller.
Mit dem jungen Gabriel, der sich zur Zeit der Ereignisse mit gerade erst 20
Jahren einen Ruf als begabter Heiler erworben hat, stellt Sherryl Jordan einen
sympathischen, absolut fehlerlosen jungen Mann vor, der zudem noch Sympathie
für die unterdrückten Shinali hegt.
Das erste Kapitel des Buches hat mich kaum zur Lektüre verführt, weil die
Lösung des Konflikt zwischen Gabriel und den Brüdern seines Vaters nach meinem
Geschmack zu schnell übergangen wird. Gabriels Ausbildung direkt am Kranken und
die medizinischen Kenntnisse der Meister der Zitadelle schildert die Autorin
schlüssig und detailreich. Nicht immer gelingt es ihr, zwischen dem
Beobachtungswissen der Navoraner (zum Beispiel darüber, wie sich ansteckende
Krankheiten ausbreiten) und unseren Kenntnissen der Gegenwart sauber zu trennen.
Fazit
Die sehr übersichtliche Welt der Navoraner in einer fernen, vorindustriellen
Zeit und ihr Verhältnis zu den Ureinwohnern des Landes schildert die Autorin
mit Einfühlungsvermögen und deutlich missionarischer Absicht. Mahnend weist
Jordan mit ihrem Gleichnis von den rechtlosen Shinali auf den Umgang weißer
Siedler mit Ureinwohnern hin, deren Land sie beanspruchten. Jordans Jugend-Roman
um den Heiler Gabriel fehlt noch der letzte sprachliche Schliff durch einen
Lektor, um seine Leser auch sprachlich zu fesseln und nicht allein durch seine
charismatische Hauptfigur.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 11. Juli 2008 2008-07-11 10:19:13