"Hier wird nicht gestorben." sagt eine fremde Stimme. Die 17-jährige
Aulikki weiß zunächst nicht, wie sie in dieses Bett gekommen ist und wer die
Frauen um sie herum sind. Oder ist alles nur ein Alptraum?
Aulikki ist nach dem Tod ihrer Mutter verstummt. Ihr Verhältnis zu Vater und
Stiefmutter ist nicht das beste. Für Aulikki steht fest, dass sie nichts kann
und den Erwartungen anderer Menschen nicht genügen wird. Sie fühlt sich
häufig wie am falschen Ort, leidet unter Ängsten und Alpträumen. Die
17-Jährige hat die Schule abgebrochen, als Eisverkäuferin gejobbt und
beschließt nun, nach Helsinki zu gehen. Die junge Frau ist überzeugt davon,
dass sie nie älter werden wird, wenn sie noch länger zu Hause bleibt.
Aulikki kann in Helsinki bei ihrer Großtante Tiina, der Schwester ihres
Großvaters wohnen. Großtante Tiina, eine patente Person mit der
Menschenkenntnis eines langen Lebens, war immer allein stehend und selbständig.
Tiina ist sehr angetan davon, dass Aulikki neben wechselnden Jobs an der
Abendschule ihr Abitur nachmachen wird. Im Zug nach Helsinki hat Aulikki Petri
getroffen, an den sie aus ihrer Kindheit mehr als deprimierende Erinnerungen
hat. Hätte Aulikki bei diesem ersten Treffen ihrem Spielkameraden aus
Kinderzeiten etwas mehr Misstrauen entgegen bringen sollen? Petri ist der erste
einer Reihe von sehr merkwürdigen Männern, die Aulikki in Helsinki kennen
lernt. Ob Arbeitgeber, Lehrer oder Liebhaber, immer sind es die anderen, die zu
wissen glauben was für Aulikki gut ist.
Fazit
Marjaleena Lembcke vermittelt mit wenigen hingetupften Worten die Kulisse der
finnischen Landschaft, so dass man glaubt, Pilze, Beeren und Nadelbäume zu
riechen. Auch die Gefühlswelt von Haupt- und Nebenfiguren entsteht in wenigen
eindringlichen Szenen. Lembckes zurückhaltende Heldin hat treffende Bilder im
Kopf, die sie nur schwer in Worte fassen kann. Die Autorin lässt Aulikki in
nüchterner Sprache von ihren Erlebnissen und Gedanken berichten. Liebeslinien
ist die behutsam erzählte Geschichte einer jungen Frau, die ihren Anspruch auf
ihr persönliches Entwicklungstempo und auf eigene Vorstellungen vom Glück erst
noch durchsetzen muss.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 31. Mai 2008 2008-05-31 09:48:09