Der Roman erzählt die Geschichte des 1535 geborenen Alchemistenschülers Hans
Burger. Er verlässt nach dem Tod seines Vaters als junger Müllersohn sein
Elternhaus um seinen Lebensunterhalt als Hausbursche zu verdienen. Im Gasthof
lernt er einen Alchimisten kennen und will bei ihm in die Schule zu gehen. Der
Grund, warum er nun die Nähe eines Alchimisten ist darin zu sehen, dass sein
Vater gestorben und sein Lehrer ebenfalls eher von schwächlicher Konstituton
ist. Die Suche nach dem Elixier des Lebens ist der eigentliche Auslöser. Der
Alchimist und Wanderarzt Rochard hütet ein grosses Geheimnis. Er ist im Besitz
des Elixiers des ewigen Lebens. Hans will ebenfalls das ewige Leben erlangen.
Dazu ist ihm jedes Mittel recht, sein Machtsteben endet mit einer gewaltsamen
Aneignung des Trankes. Gewarnt vor dem Unsterblichkeitselixier, aber in seiner
Gier nach dem Mittel sogar Mordlüstern, erhällt er die Einsicht, einer ewig
dahergehenden Bestimmung, wie etwa die Figur des ewigen Juden. Der Preis für
dieses Tat ist hoch. Nach der Einnahme des magischen Trankes im 16. Jahrhundert
ist er unsterblich. Seither muss er jetzt Jahr um Jahr seinen Weg durch Raum und
Zeit nehmen, ohne der Möglichkeit seiner verbrecherischen Tat zu entfliehen,
denn die Erinnerungen holen ihn immer wieder ein. Dies zeigt sich in
Wiedergeburten als Alchimist bei der dänischen Königen Christina, als
französischer Aristokrat oder gar als Schüler des Grafen von St. Germain.
Damit hat Mária Szepes alle wichtigen Esoteriker abgehandelt. Zwar kann Hans
Burger durchaus körperlich sterben, doch wird er mit all seinem Wissen stetig
neu geboren und muss praktisch so das Leid des Fegefeuers vorweg nehmen. Eine
abenteuerliche Reise durch die Jahrhunderte beginnt. Und immer aufs neue
versucht er die grosse Transmutation durchzuführen, die ihn von seinem selbst
gewählten Fluch erlöst. Hans Burger wird für den Leser zum Mittler
europäischer Geschichte. Der Schüler wächst an sich selbst und seinen
Aufgaben. Aus einem niederträchtigen, gemeinen Charakter wird über die Jahre
hinweg ein selbstloser Diener an der Menschheit. Hans Burger erreicht
schliesslich die höchste menschliche Vollendung, die er sich vorstellen kann.
Er wird zu einem Magus, einem Eingeweihten.
Fazit
Die Autorin hat einen interessanten, episodenhaften Roman geschrieben, der
allenthalben auch als Einweihungsroman bezeichnet wird. Der normale Leser wird
nicht mit okkultem Wissen überfordert, dafür mit historischen Einzelheiten
bekannt gemacht. So bleibt der Roman für normale, wie für esoterisch
beeinflusste Leser leicht verständlich. Mária Szepes weiht den unbedarften
Leser in einer Faust'schen Manier in die Gedankenwelt der Alchimisten ein,
schreibt mit präziser und kraftvoller Sprache einen Roman um Liebe, Hoffnung
und Magie die in den Bauernstuben zu hause ist, und ebenso in dunklen
Ritterburgen und prächtigen Palästen spielt. Das für mich fesselndste Kapitel
war sicherlich Schwarzer Eros mit der dunklen Seite der Sexualmagie. Die Autorin
bietet den Leserinnen und Lesern einen Einblick in Geheimgesellschaften,
Geheimwissen und die Gedankenwelt von Alchimisten. Es ist ein Gang durch die
Geschichte mit einem Besuch historischer Schauplätze und ein Weg durch die
sozialen Strukturen. Als Begleiter des Adepten werden Leser und Leserinnen
Teilhaftig der geistigen Welten der Esoterik.
Die Figuren von Mária Szepes wirken auf den ersten Blick sehr wirklich. Es
können durchaus Personen sein, die wir unterwegs auf der Strasse treffen. Die
Charaktereigenschaften der Personen, die Beweggründe und Gefühle, sowie die
Beziehungen untereinander lassen sich verständlich nachvollziehen. Weil in
ihrem Buch eine so grosse Nähe zu den beschriebenen Personen entsteht wird es
auch über weitere Jahrzehnte aktuell bleiben.
Der historische Roman mit seinen okkulten Einschlägen macht aber auch
deutlich, dass Mária Szepes nicht nur eine Geschichte erzählen will. Angelehnt
ist der Roman, sofern man Vergleiche ziehen will, an ähnlichen Büchern von
Gustav Meyrink und Paul Busson, die in den zwanziger Jahren erfolgreich
veröffentlichten. Und doch, Ziel scheint es zu sein, eine neue esoterische
Weltanschauung zu festigen. Eine neue Religion zu gründen, wie manch ein
Rezensent schrieb, ist dann doch zu hoch gegriffen, nur weil sie eine
esoterische Schule gründete und Religionswissenschaft studierte.
Mit der Buchreihe Meisterwerke der Fantasy legte der Wilhelm Heyne Verlag
diesen Band erneut auf. Lange Zeit vergriffen, zählt er zu den besseren Werken
der esoterischen und der historischen Fantasy. Die zur Zeit aktuelle Auflage ist
im Piper Verlag zu erhalten.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 29. Mai 2008 2008-05-29 15:11:24