Alles beginnt mit der Frage "Und wer küsst mich?" - die lesen wir
zumindest auf dem Titel, im Buch findet sie sich nicht mehr so unbedingt...
Sie klingt ein wenig enttäuscht, aber enttäuscht oder frustriert ist Franziska
Perle, die Protagonistin des Romans, eigentlich nicht. Sie ist nur maßlos
gelangweilt vom immergleichen Einerlei des Alltags, in dem die samstägliche
Ziehung der Lottozahlen den Höhepunkt der Woche markiert. Franziska, genannt
Fanny, ist 48 Jahre alt, Mutter dreier (beinahe) erwachsener Kinder und Gattin
eines ein wenig einfältigen Mannes.
Aber eines Tages geschieht etwas: Im örtlichen Baumarkt entdeckt Fanny am
schwarzen Brett einen Aushang. Der gutaussehende Juniorchef sucht eine
Haushaltshilfe - und die gute Fanny zögert keine Sekunde. Endlich wieder
eigenes Geld verdienen und endlich zumindestens stundenweise raus aus der
eigenen 65qm Wohnung.
Paul Nett, ihr neuer Arbeitgeber, ist ein sehr angenehmer Chef; seinen
Junggesellenhaushalt hat Fanny im Handumdrehen saubergewedelt - und aus lauter
Langeweile beginnt sie eines schönen Tages damit, sich mit Pauls privaten
Angelegenheiten zu beschäftigen. Sie liest seine Briefe, hört den
Anrufbeantworter ab und kramt sich durch die gesamte Wohnung. Von Tag zu Tag
wird Paul ihr durch diese passive Anteilnahme an seinem Leben vertrauter. Dass
sie sich sogar in ihn verliebt hat, bemerkt sie allerdings erst als eine ernst
zu nehmende weibliche Konkurrentin auftaucht. Eine in Fannys Augen unmöglich
zickige, junge Frau, die keinesfalls zu "ihrem Paul" passt. Fanny wird
aktiv und bedient sich vielgestaltiger Intrigen, Tricks, Nettig- und
Gemeinheiten, um Pauls Herz zu gewinnen. Und das schafft sie auch. Allerdings
nicht mit dem gewünschten Effekt: Denn am Schluss kommt doch alles anders als
Franziska sich das gedacht und erhofft hat.
Dieser Roman ist stets für eine Überraschung gut. Nicht nur, dass er den Leser
häufig völlig unvermutet zum Lachen und Lächeln bringt, er erzählt auch eine
Geschichte, die immer neue Komponenten mit ins Spiel bringt und weit vom
Mainstream entfernt ist.
Er ist ein kleines Juwel: intelligent geschrieben, humorvoll und lebensweise
zugleich.
Fazit
Ein tolles Buch! Absolut empfehlenswert ist übrigens auch der neue Roman von
Heide John "Ein Herz für Männer". Ähnlich intelligent und
unterhaltsam schreibt nur noch
Doris Dörrie.
Vorgeschlagen von Piccoletta
[Profil]
veröffentlicht am 25. März 2003 2003-03-25 14:49:13