Wie es sich für eine Tochter aus gutem Haus gehört, heiratet Ashima den Mann,
den ihr ihre Familie vorschlägt: Ashoke Ganguli. Direkt nach der Hochzeit
verlässt das junge Paar Indien; denn Ashoke hat einen Ruf an eine
amerikanischen Universität erhalten. Als Ashima ihr erstes Kind zur Welt
bringt, kommt es zu einer kleinen kulturellen Katastrophe. Nur die Großmutter
im fernen Bengalen darf den Taufnamen vorschlagen - und der Brief aus Indien
mit ihrem Vorschlag erreicht seine Empfänger nicht. Ashoke ist in Zugzwang,
sein Sohn soll schließlich bei den Behörden gemeldet werden. Der junge Vater
schlägt Gogol vor - den Namen des russischen Dichters, zu dem Ashoke eine
besondere Beziehung hat.
Als Gogol Ganguli eingeschult wird, versuchen seine Eltern in letzter Minute,
ihm den bengalischen Namen Nikhil zu geben. Doch sie haben ihren Sohn auf diese
Situation nicht vorbereitet. Er wehrt sich gegen den fremden Namen und bleibt
Gogol. Gogol und seine Schwester Sonia wachsen zu waschechten, beruflich
erfolgreichen Amerikanern heran, während ihre Eltern sich in einer
lebenslustigen Gruppe bengalischer Einwanderer-Familien bewegen als lebten sie
noch in Indien. Ashoke bleibt seinen Kindern als Vater fremd. Er spricht niemals
darüber, warum der Name Gogol ihm so viel bedeutet. Als Gogol sich zum ersten
mal verliebt, muss er einsehen, dass seine Mutter mit der ihr vertrauten
bengalischen Tradition nie gebrochen hat: sie erwartet von ihm eine arrangierte
Beziehung zu einer Frau indischer Herkunft. Gogol, der Mann mit dem
ungewöhnlichen Namen, erkennt erst als Erwachsener, dass seine pflichtbewusste,
zurückhaltende Mutter ihren Kindern keine Wurzeln geben konnte, weil sie selbst
nie ganz in den USA angekommen ist.
Fazit
Jhumpa Lahiri, eine Meisterin der leisen Töne, portraitiert in "Der
Namensvetter" eine bengalische Einwandererfamilie in den USA. Über einen
Zeitraum von fast 30 Jahren verfolgen wir aus unterschiedlichen Perspektiven das
Leben der Gangulis. Gerade die Figur der Ashima bringt Lahiri ihren Lesern in
poetischer Sprache besonders nahe. Nur vordergründig auf das Familienleben und
die Innenwelt der Personen konzentriert, zeigt Lahiris Roman, wie begrenzt die
Chancen von Einwanderern sein können, in einer fremden Kultur Fuß zu fassen.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 07. Februar 2008 2008-02-07 09:30:20