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Wladimir Kaminer: Mein Leben im Schrebergarten

Mein Leben im Schrebergarten

von Wladimir Kaminer
Verlag: Manhattan [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Satire
ISBN-13 978-3-442-54618-3

Preis: 6,36 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. Dezember 2024]
Über was darf in Deutschland gelästert werden? Über Ehepartner, Nachbarn, Kinder, das Schulsystem oder die Bürokratie an sich? Über Ausländer, Aussiedler, Zuwanderer aller Art? Wladimir Kaminer hat in inzwischen 11 Büchern aus seiner Sicht als Einwanderer über Erfahrungen mit den Deutschen gespottet. Auch über die russische und die kaukasische Seele, über russische Zuwanderer, die in Berlin merkwürdigen Geschäften in völlig kundenfreien Telefonläden nachgehen, erzählt Kaminer mit trockenem Humor. Unvergesslich ist seine Geschichte, wie die Eltern Kaminer (jeder von ihnen Inhaber eines deutschen Passes) mit ihren beiden "staatenlosen" Kindern verreisen wollten. Nachbarn, Kinder, Ehepartner und einen gewissen Groll auf deutsche Behörden haben wir alle. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen - schnell glimmt mehr als nur ein Funken Schadenfreude beim Lesen der Glossen Kaminers auf.

In "Mein Leben im Schrebergarten" knöpft der erfolgreiche Autor sich 2006, das Jahr der Fußballweltmeisterschaft, vor. Olga Kaminer hatte schon lange beschaulichen Erinnerungen an ihre kaukasische Oma und deren selbst angebautes Gemüse nachgehangen. Obwohl beide Kaminers bis dahin gartentechnisch komplette Versager gewesen waren, bewarben sie sich um einen Kleingarten in der grenzüberschreitenden, frisch wiedervereinigten Kolonie Glückliche Hütten. Olga will vom Liegestuhl aus den Rosen beim Blühen zusehen und Wladimir an seinem nächsten Buch arbeiten. Die Kinder werden sich hoffentlich selbst beschäftigen können. Die erhoffte Idylle bringt außer einer Invasion unbekannter blau blühender Pflanzen und herbstlichen Obst-Schwemmen die Konfrontation mit kleinbürgerlicher deutscher Regelungswut. So sind sie, die Deutschen - und die wiedervereinten Ost- und Westdeutschen erst recht. Nach einem Urlaub vom Garten im Kaukasus und der Erholung von diesem Urlaub auf Ibiza erwartet Kaminers im Kleingarten ein undurchdringlicher Dschungel, aus dem sich alsbald eine Apfelschwemme nie da gewesenen Ausmaßes ergießen wird. Dämmten Kaminers ihre Apfelschwemme eigenhändig ein oder ließen sie Schwemme Schwemme sein? Der Bericht aus ihrem Berliner Schrebergarten endet verhalten und leicht lustlos.

Spotten darf man in Deutschland über ziemlich vieles. Mit seinem kargen Satz im Wikipedia-Stil über einen deutschen KZ-Häftling und seine Apfelbäume schrammt Kaminer nur knapp an der Grenze zum guten Geschmack vorbei. Etwas mehr "Cherz" für Opfer des Nationalsozialismus dürfte ein deutschsprachiger Autor gern zeigen.
Fazit
Die beschwingte Stimmung in Deutschland während des Sommers 2006 unter Leitung temperamentvoller Besucher aus aller Welt oder die Komik einer Apfelschwemme, die selbstverständlich immer alle Gartennachbarn gleichzeitig trifft, bringt Kaminer wenig überzeugend an den Leser. Möglich, dass der Autor sich mit seinem nächsten Buch wieder in alter Frische zeigen wird. Über das deutsche Schulsystem ist noch längst nicht alles gelästert - und Kaminers haben zwei schulpflichtige Kinder.
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 30. Januar 2008

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