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Michael von Brück: Bhagavad Gita. Der Gesang des Erhabenen

Bhagavad Gita. Der Gesang des Erhabenen

von Michael von Brück
Verlag: Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Philosophie
ISBN-13 978-3-458-70002-9

Preis: 42,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. November 2024]
Es gibt wohl kein Buch in der Welt, welches bei seinen Lesern und Kennern derartig hohes Ansehen genießt, wie die Bhagavad Gita - das Lied von der Gottheit, die Lehre von der menschlichen Vollkommenheit im göttlichen Dasein. Selbst für viele Christen, die noch den wahren Kern des Christentums leben und begriffen haben, ist dieses Buch oftmals als unübertrefflich anerkannt. Auch Wilhelm von Humboldt war stark von der Lektüre der Gita beeinflußt und publizierte dazu seine berühmten Vorlesungen an der Berliner Akademie der Wissenschaften: "Ueber die unter dem Namen Bhagavad-Gita bekannte Episode des Maha-Bharata" (1826). Für ihn war es das "tiefste und erhabenste, was die Welt aufzuweisen hatte." Und so sagte er einst, daß er Gott danke, ihn so lange leben gelassen zu haben, um dieses Werk kennenzulernen.

Die Bhagavad Gita (Der Gesang [gita] des Erhabenen [bhagavad]), das bedeutendste religionsphilosophische Gedicht des Hinduismus, ist Teil des umfangreichen Sanskritepos Mahabharata, welches zwischen dem 4. Jh. v. Chr. und dem 4. Jh. n. Chr. seine Form erhielt. Gott Vishnu steht in menschlicher Gestalt als Wagenlenker Krishna dem Helden Arjuna vor der furchtbarsten Schlacht der indischen Mythologie zur Seite. Arjuna zweifelt in einem Pflichtenkonflikt: Seiner Aufgabe als adeliger Krieger (Kshatriya) gemäß soll er einen "gerechten Krieg" führen, um Recht und Ordnung in der Gesellschaft wiederherzustellen; auf der Gegenseite sind aber zahlreiche Verwandte und Lehrer angetreten, die er zu schützen hat. Krishna zeigt ihm, daß der Rückzug aus der Welt keine reife spirituelle Lösung ist, und belehrt ihn über die Ordnungen der Welt, des Geistes und das menschliche Leben. Man erkennt dabei als Leser im gesamten Gesang eine Synthese so unterschiedlicher Ideale wie des kultischen Opfers, der monastischen Entsagung oder der selbstlosen Tat. (127) Angesichts derartig hochwertiger Ansprüche an das Selbst erhellt sich auch das Grundanliegen der Gita: Das Handeln ohne ich-hafte Absichten und die vollkommene Hingabe an Gott führen auf der Basis von Erkenntnis zur Befreiung aus dem Leiden.

Mit dem vorliegenden und dezidiert bibliophil ausgestatteten Buch wird auf vielfältige Weise sichtbar gemacht, worauf es bei einem spirituell verantworteten Leben ankommt, das sich trotzdem nicht aus den Konflikten der Welt verabschiedet. Der Mensch im Widerspruch zu sich selbst, zur Gesellschaft, zu der Weltordnung überhaupt - das ist die Situation, in der die Gita den Blick auf metaphysische Zusammenhänge richtet und dabei immer wieder zurückkommt auf die Frage nach dem rechten Handeln im alltäglichen Leben - eine methodische Synthese aus Idealität und Empirie also. Mit fortschreitender Lektüre stellt sich heraus, daß gerade in dieser integralen Bewältigung einer existentiellen Erfahrung und in der Verbindung von Tradition und Modernität der Hauptgrund für den anhaltenden Erfolg der Bhagavad Gita liegt. In ihr zeigt sich bereits der Einfluß des Buddhismus: "Man muß sich selbst durch das Selbst emporheben. Wer sich selbst durch das Selbst überwunden hat, ist zu seinem eigenen Freund geworden."

Bei weiterer ernsthafter Lektüre, je mehr man in den Geist dieser Lehre eindringt, um so mehr nähert man sich der erstrebten Erkenntnis des göttlichen Grundes des Daseins zu einer Tiefe, die der oberflächlichen Philosophie oder Naturforschung gleichsam fremd bleiben muß. Und so erscheint mit der Bhagavad Gita die Welt als etwas viel Erhabeneres, das zu erkennen ausschließlich Ergebnis verantwortungsbewußten Denkens und fortwährender Selbstreflexion ist. Als weiterer Grundtenor dieser Lehre läßt sich damit festhalten: Der Mensch ist durch seine Erkenntnis selbstbestimmt und kann durch eigenverantwortetes Verhalten unmittelbar seine Bestimmung verwirklichen, die über das durch seine soziale Stellung festgelegte Muster hinausgeht. - Der Heilsweg steht offen für alle. (151)

Ein umfassender Stellenkommentar und eine sehr ausführliche Rezeptionsgeschichte mit umfassender Literaturliste zu allen zentralen Aspekten der Lehre der Bhagavad Gita runden das vorliegende Meisterwerk ab. Jeder einzelne Sachverhalt des Originaltextes wird damit infolge jederzeit zu absolvierender vertiefender Lektüre verständlicher gemacht. Interessant dabei ist beispielsweise, daß auch Konzepte und Bilder auftauchen, die aus den Upanishaden bekannt sind. (149) Ergänzend kann der geneigte Leser u. a. in der Rezeptionsgeschichte im hinteren Teil des Buches nachprüfen, aus welchen Gründen für die Theosophen die tiefste Lehre der Gita das selbstlose Handeln als Opfer für das Weltganze wurde. (222) Dies Handeln könne man aber nur vollbringen, wenn man die Einheit des Vielen im Ganzen erkenne - so die Lehre der Theosophen, welche sich besonders auf Kapitel 11 der Gita stützt, um jene Einheit von Konkretion und Abstraktion zu untermauern.

Es handelt sich in diesem Buch also vorrangig darum, einen umfassenden Begriff vom metaphysischen Wesen des Menschen und der Natur zu erlangen, der nicht vermittels der äußerlichen und außengeleiteten Beobachtung erreicht werden kann. Die vielfältige Grundstruktur des Inhaltes der Bhagavad Gita ist dabei stets unterschiedlich erklärt worden: als Produkt des religiös-philosophischen Synkretismus (Richard Garbe), als Übergangsphilosophie (so der Upanishaden-Übersetzer Paul Deussen) oder aber als nicht in Gänze rational auflösbares mythopoetisches Phänomen (Wilhelm von Humboldt).
Fazit
Der Leser findet am Ende, daß weder der Besitz äußerlicher Dinge, noch die Belustigung seiner Sinne, sondern die Erkenntnis des göttlichen Daseins und das dadurch bedingte Bewußtwerden seiner Unsterblichkeit der wahre Zweck seines Daseins sind. Öffnet sich sein inneres Auge diesem Geist, so findet man, daß unser irdisches Wesen zu allen anderen Wesen auf Erden in Beziehung steht.
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Vorgeschlagen von Daniel Bigalke [Profil]
veröffentlicht am 13. Dezember 2007

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