Mit "Abgerechnet" hat Michael Borlik nach "Unsichtbare
Augen" und "Stumme Schatten" seinen dritten Labyrinthe-Krimi
geschrieben.
Die gesamte Reihe ist außergewöhnlich spannend. Von Erwachsenen-Krimis
unterscheidet sie sich nur darin, dass Jugendliche ab 14 die Protagonisten der
Fälle sind. Auch in diesem Fall ist es der 17-jährige Samuel, Adoptivkind und
schwarz, der im Mittelpunkt der Handlung steht. Er führt mit seinen Freunden
Jan, Mara und Scarlett ein normales "Leben" und ist gerade dabei, die
Sommerferien zu genießen, als urplötzlich ein Brief - angeblich von ihm
geschrieben - bei seinen Eltern eintrifft, in welchem er seinen bevorstehenden
Freitod ankündigt. Schnell wird klar, dass Samuel den Brief nie geschrieben
hat. Doch welchen Zweck hat der Brief? Als dann noch das Haus der Eltern
zunächst mit Tierblut beschmiert und dann sogar das Wort "Mörder" an
die Wand gesprüht wird, bemerkt Samuel, dass hier ein Psychopath sein Spiel mit
ihm spielt. Aber warum? Die Lösung des Falles geht ihm erst auf, als es fast zu
spät ist...
Michael Borlik schreibt zweifellos spannend und ich konnte diesen Krimi - wie
die anderen Labyrinthe-Krimis der Reihe - nicht aus der Hand legen. Die Handlung
wird logisch aufgebaut, die Spannung lässt zu keiner Minute nach. Charaktere
und der Alltag der jugendlichen Clique sind glaubhaft dargestellt.
Allerdings werden zu viele Probleme angeschnitten, die nicht weiter ausgeführt,
sondern lediglich "abgehakt" werden. So die Probleme Samuels, der sich
zeitweise als schwarzes Adoptivkind als Außenseiter fühlt. Oder die Probleme
seines Freundes Jan, der plötzlich entdeckt, dass er schwul ist. Angetippt,
angesprochen, aber nicht reflektiert. So, wie der Autor dies darstellt, hatte
ich beim Lesen das Gefühl, dass es Michael Borlik nicht darum ging, über diese
Probleme ernsthaft nachzudenken. Sie dienen hier - ähnlich wie das Engagement
der Gruppe bei Greenpeace - m.E. eher zur Füllung der Handlung, die ansonsten
etwas (zu) kurz geraten wäre.
Auch das Ende ist etwas zu sehr actionmäßig - wenn auch durchaus glaubhaft -
gestaltet. Aber über die Hintergründe der Ereignisse wird zu wenig berichtet.
Warum handelte der Psychopath so, wie er handelte? Warum nach solch langer
Zeit?
So hatte ich das Gefühl, eine Filmvorlage werde in ein Buch gepresst. Etwas
mehr Länge und Hintergrundinformationen hätten m.E. dem ansonsten soliden und
spannenden Krimi daher nicht geschadet.
Fazit
Dennoch ist der Krimi spannend wirkt authentisch: so, wie der Fall geschildert
wird, könnte er in Wirklichkeit abgelaufen sein; und diese Feststellung wiegt
für mich die oben genannten Schwächen voll auf. Daher insgesamt lesenswert,
auch wenn manche Handlungsfäden leider nur "angetippt" und
"abgehakt" werden.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 26. August 2007 2007-08-26 12:08:02