William Thornhill arbeitet Anfang des 19. Jahrhunderts als Fährmann auf der
Themse. Mit dem Transport von Waren und Personen hat er sich bescheidenen
Wohlstand erarbeitet und ist glücklich mit Sal, der Tochter seines Chefs,
verheiratet. Wegen der schweren Krankheit von Sals Eltern verlieren die jungen
Thornhills Boot und Wohnung. In kurzer Zeit sind sie völlig verarmt. Mit der
Arbeit auf einem fremden Boot kann William den Lebensunterhalt seiner kleinen
Familie nur knapp verdienen. Er wird während der Arbeit beim Waren-Diebstahl
erwischt und zum Tode verurteilt. Seine Frau Sal erreicht, dass die Strafe in
lebenslange Verbannung nach New South Wales/Australien umgewandelt wird. Mit
zwei kleinen Kindern und nichts als einer einfachen Hütte als Unterkunft
müssen William und Sal noch einmal ganz neu beginnen.
William transportiert wieder Waren per Boot, Sal betreibt eine kleine Kneipe.
Auf einer seiner Transport-Fahrten beginnt William beim Anblick eines idyllisch
gelegenen Stücks Land von eigenem Grundbesitz zu träumen. Obwohl William bei
einer Rübe nicht oben und unten unterscheiden könne, wie Sal meint, siedeln
die Thornhills an der Flussmündung und erheben damit Anspruch auf das Stück
Land. Kurz nach der Ankunft taucht eine Gruppe Ureinwohner auf. Die neuen
Siedler und die Aborigines können sich kaum miteinander verständigen. Das von
den Thornhills besiedelte Land scheint für die Aborigines eine besondere
Bedeutung zu haben, sie halten hier regelmäßig Zeremonien ab. William will
nicht wahrhaben, dass sein Traumgrundstück Besitzer hat. Er entscheidet sich
für den Kampf um seinen Traum, baut einen Zaun, schafft sich eine Waffe an und
stellt zwei Neuankömmlinge als Helfer ein.
Sal und William tasten sich jeder auf eigene Art an ihre nomadisch lebenden
Nachbarn heran. Sal sucht Kontakt zu den Frauen und Kindern. William beobachtet
die Aborigines aus der Entfernung und stellt dabei verwundert fest, dass die
Ureinwohner nichts anbauen und trotzdem genug Nahrung finden. Er muss sich
eingestehen, dass "die Schwarzen" mit dem Speer schneller und
geschickter sind als er mit seiner altertümlichen Feuerwaffe. William erkennt,
dass er die fremde Kultur beobachtet und doch nicht begreift, so wie sich der
Text eines Buches niemandem erschließt, der nicht lesen kann. Thornhills
Nachbar Blackwood meint: man muss geben und nehmen. Doch das Geben und Nehmen
will nicht so recht klappen; das Verhältnis der Weißen und der Ureinwohner
bleibt gespannt. Thornhill lässt Sal und die inzwischen fünf Kinder während
seiner Bootstransporte mit der Hope nur sehr ungern für längere Zeit allein an
der Flussmündung zurück. Er weiß, dass Sal noch immer unentschlossen ist, ob
sie in der abgelegenen Gegend bleiben will, in der der nächste weiße Nachbar
eine Stunde Bootsfahrt entfernt lebt. Doch beide weichen einem offenen Gespräch
über ihre Ängste und Hoffnungen aus.
Kate Grenville beschreibt in ihrem historischen Roman die Deportation britischer
Straftäter und Ausrottung der Ureinwohner zu Beginn der Besiedlung Australiens.
Der sehr ausführliche Einblick in William Thornhills Jugend und Lehrzeit gibt
ein umfassendes Bild seiner Persönlichkeit. Wie William, Sal und ihre
unterschiedlichen Nachbarn darauf reagieren, dass sie nicht die einzigen sind,
die Ansprüche auf das von ihnen besiedelte Land erheben, vermittelt Grenville,
ohne zu werten. Das Urteil, ob William aufgrund seines persönlichen Schicksals
einen von der Mehrheit abweichenden eigenen Standpunkt vertreten und sich den
australischen Aborigines gegenüber anders hätte verhalten können, überlässt
die Autorin ihren Lesern.
Fazit
Grenvilles historischer Roman aus der Perspektive einfacher Menschen ist
inhaltlich und stilistisch sehr empfehlenswert.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 08. August 2007 2007-08-08 13:57:07