Ich bin vergangenes Wochenende - inspiriert durch eine Fontane-Lesung über
Rheinsberg - in Rheinsberg gewesen und habe mir das imposante Schloss und die
wunderbare Umgebung - einschließlich des Parks - angesehen. Zur Vorbereitung
der Reise habe ich nicht nur das entsprechende Rheinsberg-Kapitel von Fontane,
sondern auch Krockows Bändchen erschienen. Ich muss sagen: die Lektüre lohnt
sich.
Wer Details zur Baugeschichte des Schlosses erwartet, wird hier etwas
enttäuscht werden. Diese Baugeschichte wird zwar angesprochen, aber lediglich
in groben Zügen skizziert. Die Faszination dieses Bandes liegt woanders: in der
Beschreibung der Funktion des Schlosses als "Exil". Rheinsberg war ja
nicht nur - wie allgemein bekannt - Sitz des preußischen Kronprinzen, des
späteren Friedrichs des Großen, in den Jahren 1736-1740 - Jahre, die er
später als die "glücklichsten seines Lebens" bezeichnet hat. Auch
Friedrichs Bruder Heinrich hat hier lange gelebt und ist nicht umsonst als
"König von Rheinsberg" bezeichnet worden. Warum entwickelte sich
gerade in Rheinsberg immer wieder Opposition zum preußischen Königshof?
Krockow gibt darauf eine einleuchtende Antwort: Rheinsberg war weit weg genug
von Berlin und Potsdam, um ein Eigenleben des dortigen Hofstaates zuzulassen.
Bei Unbotmäßigkeit konnten die Beteiligten weder schnell nach Potsdam bzw.
Berlin zitiert werden, noch gab es die Möglichkeit - aufgrund der
geographischen Entfernung und schlechten Anbindung - dass der Rheinsberger Hof
den Verlockungen aus Berlin und Potsdam erlegen wäre und sich aufgelöst
hätte. Die Rheinsberger "Idylle" konnte nur zustande kommen, weil
eine gewisse Isolation zu Berlin bzw. Potsdam gegeben war; stärker, als dies
bei anderen Höfen, etwa Charlottenburg oder Wusterhausen der Fall gewesen
ist.
Schwerpunkt des Buches liegt in einer Analyse der Persönlichkeit von Prinz
Heinrich und der - schwierigen - Beziehung zu seinem Bruder Friedrich. Hier
greift Krockow ein Thema auf, welches er in seinem Werk: "Die preußischen
Brüder" später ausführlich weiterführen sollte.
Hauptthese des Buches ist: Rheinsberg verkörpert das "andere"
Preußen: jenseits der "Sekundärtugenden" von Drill und
Pflichterfüllung war hier Muße und Entspannung möglich; daher bilanziert
Krockow - meines Erachtens zu recht: Wer Preußen "entdecken" möchte,
seine verschiedenen Facetten erleben möchte, der sollte nach Rheinsberg kommen.
Ich selber habe an der Stelle des Glienecker Sees gesessen, das Buch in der Hand
gehabt und einen wunderbaren Blick auf das Schloss genießen können.
Die Tipps für Reisende - von der Anreise bis zur Unterkunft - stammen zwar aus
dem Jahr 1992, sind jedoch nach wie vor aktuell.
Fazit
Meines Erachtens ist das Büchlein, welches in der Tradition von Fontanes
Reisebeschreibungen steht, jedoch keinesfalls langatmig, sondern flüssig zu
lesen ist (im Gegensatz zu Fontanes entsprechendem Kapitel aus seinen
"Wanderungen") nicht nur eine hervorragende Einführung in die
preußische Geschichte, sondern ein unverzichtbares Werk für
Rheinsberg-Reisende. Unbedingt lesenswert!
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 17. Mai 2007 2007-05-17 13:07:32