Die mitten in den Wirren der Pubertät und problematischen
Familienverhältnissen steckende Jodie läuft von zu Hause weg. An einer
Tankstelle begegnet sie einem jungen Indianer, in dessen Blick so viel Ablehnung
liegt, dass das Mädchen sich nicht traut, ihn um eine Mitfahrgelegenheit zu
bitten. Dennoch ist Jodie noch am selben Tag mit Jay Muskalunge in den
undurchdringlichen Wäldern Kanadas unterwegs. Anstatt Jodie zurück in die
Stadt zu bringen, nimmt der zunächst unzugänglich erscheinende junge Mann die
Fünfzehnjährige mit auf eine Abenteuerreise.
Fernab von jeder Zivilisation verlieben sich die beiden ineinander. Drei Wochen
lang hält sich Jodie bei den Indianern auf; drei Wochen in denen vieles
geschieht. Aber das weiße Mädchen gehört nicht in die Wildnis und der junge
Indianer nicht in die Stadt.
Als sie ihr Ziel erreichen, steht Jodie vor einer schweren Entscheidung...
Antje Babendererde führt Jodie, die sich auf der Schwelle zum Erwachsensein
befindet, in eine neue, vollkommen fremde Welt. Mit großem psychologischem
Einfühlungsvermögen beschreibt die Autorin ihre weiße Heldin und den
indianischen Jungen Jay. Sie verknüpft zwei Welten, die nichts oder nur wenig
miteinander zu tun haben, und sie eröffnet längst nicht nur ihren
Protagonisten einen höchst interessanten Blick auf das Leben der Cree-Indianer.
Obwohl die beiden Hauptpersonen im jugendlichen Alter sind, ist
"Libellensommer" weit mehr als ein Jugendroman: Er ist hintergründig
und vermittelt Stimmungen, wissenswerte Informationen und tiefe Gefühle, die
auch Erwachsene zum Nachdenken anregen. Der Roman überzeugt durch eine gute und
gründliche Recherche, die Naturbeschreibungen stehen im Zeichen
atmosphärischer Dichte - und die sich allmähliche entwickelnde Beziehung
zwischen Jodie und Jay benötigt keine an den Haaren herbeigezogenen
Konfliktsituationen, um künstlich Spannung zu erzeugen.
Auch die Nebencharaktere, und hier vor allem die Lagerbewohner, sind mit einer
angenehmen Tiefe geschildert, sie wirken glaubwürdig und lebensnah. Auch
soziale Probleme bleiben in diesem kraftvoll erzählten Roman nicht
unausgesprochen: Der Kampf der Crees um den Erhalt ihres Lebensraumes - und vor
allem der Natur - ist auch ein Lehrstück über unseren Umgang mit der Erde.
Ganz besonders gelungen ist auch das Ende des Romans, das auf eine neue
Geschichte weist.
Fazit
"Libellensommer" zieht ganz gewiss nicht nur jugendliche Leser in
Bann. Denn spannender und romantischer als Antje Babendererde hätte man diese
Geschichte kaum erzählen können!
Vorgeschlagen von Heide John
[Profil]
veröffentlicht am 15. Mai 2007 2007-05-15 12:06:45