Nach dem Tod ihres Mannes muss Christine de Pizan lernen, sich zu behaupten:
gegen die Frauenfeindlichkeit der Kirche, gegen betrügerische Anwälte - und
auch gegen brutale Verehrer. Zunächst versucht sie, den Lebensunterhalt für
ihre Familie durch Kopierarbeiten zu verdienen. Daneben arbeitet sie zunehmend
häufiger an eigenen Schriften. Unterstützt wird die junge Frau von dem
Franziskanermönch Thomas, einem begabten Illustrator. Der Mönch bleibt
zunächst eine rätselhafte Figur, die ganz offensichtlich ein Geheimnis hat.
Gemeinsam mit Thomas gelingt es Christine, einen rätselhaften Todesfall
aufzuklären, der auf verschlungenen Wegen auch die Vergangenheit des
Franziskanermönchs offenbart.
Eine von Sabrina Capitanis großen Stärken liegt darin, dass sie sich in das
Leben und Denken ihrer Hauptfigur so sehr hineingefühlt hat, dass diese innere
Nähe auch für den Leser spürbar ist. Die Geschichte, die sie um die
historisch verbürgte Christine de Pizan (1364 bis 1430) strickt, ist
interessant und glaubwürdig. Die gebürtige Venezianerin war eine "starke
Frau" - und eine der ersten, von der überliefert ist, dass sie mit dem
Schreiben Geld verdient hat.
Im 21. Jahrhundert nimmt die Autorin ihre Leser mit ins mittelalterliche Paris,
lässt sie mitfühlen und mitleiden, wenn Christine stundenlang vor
irgendwelchen Büros warten muss, um das ihr zustehende Geld zu bekommen, wenn
Gläubiger ihr das Leben schwer machen - oder wenn die zänkische Berthe aus dem
Nachbarhaus eine ihrer Bosheiten von sich gibt...
Fazit
"Das Buch der Gifte" hat nicht nur einen schönen - für einen
historischen Roman durchaus ungewöhnlichen - Titel, es ist ein atmosphärisch
dichter, abwechslungsreicher in der Ich-Perspektive geschriebener Roman, der
durch einen gut lesbaren Stil und die geglückte Kombination von historischen
Fakten und dichterischer Phantasie überzeugt.
Vorgeschlagen von Heide John
[Profil]
veröffentlicht am 15. Mai 2007 2007-05-15 12:06:45