Edgar Julius Jung (1894-1934), Rechtsanwalt und Verfasser der am 17. Juni 1934
von Franz von Papen gehaltenen Marburger Rede vor Studenten, welche für Jung
zum tödlichen Verhängnis werden sollte, schrieb noch kurz vor seiner Ermordung
in der Nacht zum 1. Juli 1934 durch die SS folgende Sätze über die Ausgabe der
Politischen Schriften Oswald Spenglers im selben Jahre: "Persönlich
Stolzeres und menschlich doch Weheres, aber auch sachlich Gerechteres und
geschichtlich Gültigeres dürfte in den letzten 15 Jahren kaum von einem
zweiten Zeitgenossen deutscher Zunge geschrieben worden sein. Diese Sammlung von
Schriften, von denen keine veraltet ist, schon weil alle darauf warten, erst
noch verstanden zu werden, mutet an wie der Atemzug einer mächtigen Rede, in
der Spengler seinem Volk und seiner Zeit kühn die Wahrheit zu sagen auf sich
nimmt, im Namen des ewigen deutschen Geistes, für den zu sprechen er Recht und
Beruf hat." Höchste Zeit, zum aktuellen denkerischen Kern Spenglers, des
deutschen Geistes, seinem wieder neu aufgelegten Buch "Der Untergang des
Abendlandes" und seinem metapolitischen Konzept Stellung zu beziehen.
Es ist dies das Buch, welches Furore machen sollte und so machen Philosophen und
Politologen der Gegenwart - nicht nur Samuel P. Huntington mit seiner These vom
"Kampf der Kulturen" - weiterhin beeindruckt, gerade weil es damals
wie heute für viele unabhängige Denker eine intuitiv gefühlte Aktualität in
sich birgt. Es ist deshalb umso begrüßenswerter, daß im Patmos-Verlag mit
diesem Buch, "Der Untergang des Abendlandes" (2007), inzwischen die
zweite Schrift Oswald Spenglers (1880-1936) neben "Der Mensch und die
Technik" (2006 - Karolinger Verlag) ganz neu aufgelegt wird, was natürlich
für eine Wende in der intellektuellen Auseinandersetzung mit Spengler in der
deutschen Nachkriegszeit steht, die zum ersten Mal den Namen "wirkliche
Auseinandersetzung" auch verdient.
Das nunmehr neu vorliegende Buch "Der Untergang des Abendlandes" ist
mehr als nur eine Kulturphilosophie, es ist in hohem Maße Träger einer
politischen Botschaft, im Kern ein geschichtsspekulatives System, welches
deutsche Denker nach Hegel wohl kaum wieder derartig in Angriff nahmen. Spengler
war ein unpolitischer Intellektueller, der sich abseits der Politik hielt und
sein Heil in höheren Sphären suchte - eine typische Haltung für das
Bildungsbürgertum seiner Zeit. Seine politische Ideologie, sein Buch und seine
Aktivitäten sind ohne seine Lebens- und Kulturphilosophie nicht zu verstehen.
Genau diese findet sich in diesem 1249 Seiten umfassenden Buch ausführlich
dargelegt.
Metaphysik, Kulturphilosophie und Politik sind in dem Buch Spenglers eng
verbunden. Es ist ein äußerst subjektives Werk, verfaßt von einem
übersensiblen, introvertierten und depressiven Menschen, dessen Innerlichkeit
vor der Außenwelt verschlossen war. In intellektueller und sozialer Hinsicht
kann man Spengler vor 1918, vor Erscheinen dieses Buches, als einen
"declassé" betrachten, bis er schließlich nach Erscheinen seines
Werkes in ein verzweigtes Netzwerk industrieller, politischer und
paramilitärischer Kreise aufgenommen wurde, das sich in drei Machtzentren des
Deutschen Reiches konzentrierte: Berlin, Ruhrgebiet, München. In ihm weitete
Spengler seine "konservativ-revolutionäre" Geisteshaltung aus und
praktizierte gleichsam aktive Metapolitik.
Unter Metapolitik versteht sich der gezielte Einbezug des Transzendenten in die
politische Auseinandersetzung. So gilt die Einkehr ins eigene Innere als
Notwendigkeit für ein Wirken in der Welt. Wissen und gar Weisheit ist nicht von
denen zu erwarten, die nicht auch ernsthaft an sich selbst gearbeitet, eigene
individuelle Motivationen und Leidenschaften erkannt und in ihren Konsequenzen
reflektiert und optimiert haben. Dieser Bezug zur Innerlichkeit ist typisch für
die Bewegung der "Konservativen Revolution", zu der erstmalig der
Publizist Armin Mohler (1920-2003) den Kulturphilosophen Spengler zuordnete.
(Armin Mohler: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918 - 1932. Ein
Handbuch, 1950, in 6. Auflage überarbeitet von Karlheinz Weißmann)
Nach Überzeugung dieser geistigen Strömung in Deutschland sollte die
Innerlichkeit politische Umsetzung durch Geisteswandel in der Masse erbringen.
Es gilt damit im Sinne von Alain de Benoists Analyse der Kulturrevolution
Gramscis: "Innerhalb der menschlichen Gesellschaft (...) ist nichts
neutral. (...) Die Kultur formt (...) den Geist nach der herrschenden Ideologie.
Es gilt, daß man auf die Struktur der politischen (...) Macht Einfluss ausüben
kann, indem man auf den Überbau der Kultur und der Ideen einwirkt." (Alain
de Benoist: Kulturrevolution von rechts, 1985, S. 42/43) Daraus ergibt sich,
daß ein Einwirken nicht im politischen Bereich, sondern vielmehr im
vorpolitischen Bereich gemeint ist, und zwar unter Bezugnahme auf
Suggestibilität und Beeinflussung der Massen im Zuge einer verstärkten
Selbstwahrnehmung und Selbstreflexivität unter den Initiatoren dieses Ansatzes
- u.a. Spengler selbst.
Festzuhalten ist also, daß Metapolitik von der Artikulation neuer politischer
Methoden und Inhalte handelt und reflektiert, was hinter der Politik steht. Sie
analysiert unter schrittweiser Veränderung des sozialen Raumes, was der Politik
vorausgeht. Das Rekurrieren auf existentielle Erfahrungen, wie die Furcht vor
einem neuerlichen Zusammenbruch einer haltgebenden Ordnung, kann zur Erfahrung
von Sinn führen, kann die Konzentration und das Krisenbewußtsein schärften
und über politische Artikulation ihre zielbewußt sich realisierende
Verlängerung finden. So auch bei Oswald Spengler, der im vorliegenden Buch vor
kulturphilosophischem Hintergrund vom "Urgefühl der Sehnsucht" (107),
von "Weltangst" (107) und der "Gewissheit eines Schicksals"
(153) spricht. Doch wie erklärt sich die Motivation, das vorliegende Buch
verfaßt zu haben und noch vielmehr: Was fasziniert bis heute an diesem Buch?
Wieso wird es erneut aufgelegt? Befinden wir uns in einer ähnlichen Zeitenwende
wie Spengler selbst?
Oswald Spengler war besonders sensibel für soziale und kulturelle Entwicklungen
in Deutschland. Sein Kulturpessimismus umschließt die Dekadenz und das
Spätzeitbewußtsein, die gespannte Beziehung zwischen Geist, Macht und
Modernitätskrise. Es ist bezeichnend für sein metapolitisches Konzept, daß
seine Lebensphilosophie völlig außerhalb der renommierten - oder sich als
dergleichen betrachtenden - "professionellen" Wissenschaft entstand -
sich dafür aber umso autonomer entwickelte.
Seine persönlichen Enttäuschungen und Ressentiments kehrten sich gegen die
Kultur und deren offizielle Repräsentanten. Die Flucht ins Selbst resultiert
daraus. Man kann auch von einem Innerlichkeitskult sprechen oder von einem
inneren Egotismus, wie ihn der französische Philosoph Stendhal prägte.
Spenglers eigene Tragödie als Mensch, der sich verstehen will, trug alle Farben
seiner Zeit: "...den Kult des einsamen, des Fremdlings (...), die Begierde
zu leiden, den Narzismus der Schwarzen Romantik. (...) Er versteht: es gibt
keine Erkenntnis, kein Glück (...), es gibt nur Werden und Wollen." (Anton
Mirko Koktanek: Oswald Spengler in seiner Zeit, 1968, S. XXIV/XXV) So faßte
Anton Koktanek die psychologische Disposition Spenglers in Bezug zum Hauptwerk
trefflich zusammen. Die feindliche Außenwelt, die etablierte Politik, wird für
den empfundenen Verfall - womöglich zurecht - verantwortlich gemacht.
Die manichäische Feindschaft gegen den liberalen Westen, die sich in Spenglers
nachfolgender Schrift "Preußentum und Sozialismus" aus dem Jahre 1924
kundtut und dem preußischen Ordensgeistes als ordnungsstiftendes
transpersonales Gemeinschaftsprinzip das Prinzip des Individualismus und
Materialismus liberaler Provenienz entgegenstellt, ist verbunden mit einer
chiliastischen Aufladung der deutschen Geschichte als erstrebtes Chiffre für
die Vision einer organischen und haltgebenden Institution von Staat. Dieses
metapolitische Programm der "Konservativen Revolution" versuchte sich
über ein dionysisches, melancholisches und kulturbetonendes, ästhetisierendes
Wesen in die Tat umzusetzen. Wer diesen Ansatz aus erster Hand zu verstehen
gedenkt und nicht die Ebene eines Pseudowissens betritt, die Resultat
hypermoralischer Vorgaben dessen ist, was heute über Spengler zu denken ist
oder gedacht sein soll, um guter "Demokrat" zu sein, der möge
speziell das Kapitel über Staat, Politik und Wirtschaft im vorliegenden Buch
direkt studieren - Spengler selbst reden lassen. (961ff.)
Auch Spengler entzog sich also im "Untergang" nicht den direkt
politischen Inhalten. Er kompensierte seine innere Zerrissenheit und sein
Unvermögen tatsächlicher Teilhabe am Leben durch seine Mystik, durch sein
allumfassendes Lebensprinzip, schlichtweg durch seine Lebensphilosophie als
säkulare Ersatzreligion. Er bezweckte damit die Verschiebung deutscher
Mentalitäten nach seinen intuitiven Ambitionen, um der Gefährdung der
tradierten Kultur durch "Massenhaftigkeit und (...) Begehrlichkeit der
Massen" im Zuge aufkommender Mechnisierung und Ökonomie sowie aufkommender
Systematisierung und Abstraktion im Denken entgegenzuwirken. (Joachim
Knoll/Julius Schoeps (Hrsg.): Von kommenden Zeiten, 1984, S. 131) Wissenschaft
konnte Gesetze erweisen, aber nicht die ersehnte innere Gewißheit erzeugen. Der
"Untergang" Spenglers ist ein Werk, welches sich in diesen
Zusammenhang einordnet und nur auf dieser Ebene inhaltlich verstanden werden
kann. Man möge also Abstand nehmen von einer solchen Beurteilung der
vorliegenden Schrift, deren Maßstab nicht dem zu beurteilenden Objekt immanent
ist. Spenglers politische Haltung wußte, daß das Denkvermögen des Menschen
dennoch nicht reicht, um die Wirklichkeit vollständig zu ergründen, und so
richtet sich sein Lebensbegriff gegen die Form wissenschaftlicher Erkenntnis,
die die eigentlich innewohnende Irrationalität des Seienden negiere. Spengler
betrachtet das Denken im Sinne Fichtes vorrangig als einen immer wieder nur auf
das Individuum zurückgehenden Prozeß. "Das Denken herrscht, trotz allem,
nur im ‚Reich der Gedanken’". (568)
Es ist festzuhalten, daß Spenglers absoluter historischer Relativismus wiederum
auf seine Befindlichkeit als Individuum zurückzuführen ist und durch
individuelle Handlungsmuster seines Geistes bestimmt werden kann, weil dieser
selbst von Polaritäten geprägt war: Ich und Welt, Mikrokosmos und Makrokosmos,
das Eigene und das Fremde, Geburt und Weltangst. So betrachtet er das Leben
wesentlich aus der Perspektive des Geworfenseins, dessen Ausdruck bei ihm das
Buch "Der Untergang des Abendlandes" ist: "Ein Denker ist ein
Mensch, dem es bestimmt war, durch das eigene Schauen und Verstehen die Zeit
symbolisch darzustellen. Er hat keine Wahl. Er denkt, wie er denken muß, und
wahr ist für ihn, was als Bild seiner Welt mit ihm geboren wurde."
(Vorwort, VII) Auch hier klingen Analogien zur klassischen Philosophie des
Deutschen Idealismus an, die Spengler womöglich in schopenhauerischer Manier
getadelt hätte, welche aber mit Fichtes Wissenschaftslehre schon früher
wußte, daß die Philosophie eines Denkers lediglich und einzig davon abhänge,
was für ein Mensch er sei. Also wieder das principium individuationis.
Über die Marginalisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse konzentrierte
Spengler sich auf metaphysische Probleme und führte den Deutschen die
tatsächliche Situation vor Augen. Das ist als Auswirkung seiner spezifischen
Individualität auf die politische Ebene zu verstehen, durch die er seine
Passivität beenden wollte. Seine konservative Weltanschauung trug latent die
Konturen einer politischen Ideologie, die weniger durch eine empirisch-induktive
sondern vielmehr durch den poetisch-intuitiven Zugriff gegen die verhaßte
Entseelung seiner Zeit ankämpfte. So versteht sich auch der strenge
Determinismus seines Hauptwerkes "Der Untergang des Abendlandes": Die
Konzentration auf metaphysische, mythische Phänomene, die Wahrnehmung des
künftig Notwendigen und der Drang, all jenes politisch mitzuteilen, führten zu
einer spezifischen politischen Motivation und zu einer einmaligen
Ausdrucksweise, wie wir sie nur im vorliegenden Buch finden.
Die "konservativen Revolutionäre", darunter Spengler, können als die
geistige Vorhut auf der Suche nach neuen Sicherheiten verstanden werden.
Spengler entwickelte darunter eine antiintellektuelle und vitalistische
Lebensphilosophie. Er wurde konfrontiert mit der Entstehung eines neuen
Mittelstandes, der sich zusehends über Massenpolitik und Interessenverbände zu
artikulieren wußte. Dadurch entstand der Druck auf die konservative Elite, die
- zu recht - einstige Kulturideale wie Harmonie zwischen Innerlichkeit und Welt,
Formkraft und Beseelung sowie Metaphysik verloren gehen sah oder, um mit
Spengler zu reden, diese zur "Zivilisation" (43ff.) erstarren sah.
Daraus resultiert kompensatorisch der überspannte Subjektivismus der Intuition,
der sich trefflich in der holistischen antiwissenschaftlichen Methode
niederließ. Die Wirklichkeit sei demnach nicht rational erkennbar. Sie sei nur
intuitiv erfühlbar, und mit der intuitiven Methode wandte sich Spengler gegen
jedes wissenschaftliche Objektivitätskriterium, was bei ihm in eine Real-Utopie
der konservativ-revolutionären Strömung mündete, um schließlich über den
metapolitischen Weg zur Geltung zu kommen. Das Buch "Der Untergang des
Abendlandes" ist der zu Sprache geronnene Ausdruck dieses denkerischen
Weges, welcher zudem heute aus aktuellem Anlaß umso lesenswerter ist.
Kriege und Massenpsychosen entstehen gegenwärtig zuhauf. Eine Selbstreflexion
ist nicht möglich, ohne daß der Mensch sich als Teil seiner Umgebung
betrachtet. Daher ist der Absurdität der Wissenschaft des 19. Jahrhunderts auch
heute noch zu widersprechen, wenn diese annimmt, es gäbe eine objektive Welt,
die ohne das Rekurrieren auf den gesunden Standpunkt des Menschen selbst erfaßt
werden könne. Die Denker der "Konservativen Revolution" hatten ein
solches Bewußtsein, welches in Anlehnung an Kants transzendentale Wende und
Fichtes Subjektphilosophie als jenes Bewußtsein gekennzeichnet werden kann, das
mehr denn je das "Spezifisch Deutsche" im Denken war und ist. Eine
progressive Atomisierung des Lebens wurde befürchtet und dazu das unweigerliche
Resultat in jedem Einzelnen: Angst, Neurose, allgemeine Primitivierung und
Realitätsverlust der Massengesellschaft. Dabei ging es den "Konservativen
Revolutionären", wie aus heutiger Sicht leichtfertig behauptet, nicht um
eine konservative Verlängerung der linken Gesellschaftskritik, sondern vielmehr
um die individuelle Kompensation gesellschaftlicher und sozialer Umbrüche in
Deutschland, in denen wir uns auch gegenwärtig wieder befinden. Alte
Überzeugungen brechen weg, der Nachkriegsdogmatismus von "Demokratie und
Wohlstand" schwindet, indoktrinierte Konventionen von
"Alleinschuld" und "Singularität" werden konstruktiv
relativiert, schlichtweg: die Demokratie, das Politische und das spezifisch
Deutsche wird - ähnlich wie zur Zeit der Entstehung des spenglerischen
Hauptwerkes - wieder neu gedacht, und man steht damit lediglich in einer
Tradition von höherem intellektuellem Reflexionsniveau. "In Deutschland
leisteten sich die Gebildeten fern der Politischen Praxis die Radikalität des
reinen Gedankens. Das macht die deutsche Besonderheit aus."
(Schüßlburner/Knütter (Hrsg.): Was der Verfassungsschutz verschweigt.
Bausteine für einen alternativen Verfassungsschutzbericht, 2007, S. 330)
So liegt das Wahre im Inneren des Menschen und die differenzierten menschlichen
Motivationen bleiben stets dieselben. Georg Quabbe, einst auch
"Konservativer Revolutionär" erkannte dazu entgegen der Primitivität
einseitig agierender amtlicher Diskriminierung in der Bundesrepublik
beispielsweise durch Verfassungsschutzämter bereits früh, daß diese höhere
traditionelle Reflexionskultur in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert immer
wieder zu sagen gewillt war: So sind wir! Und deshalb handeln wir danach - zwar
überzeugt, aber in dem Wissen, daß wir nur den Komplementärgedanken zur
anderen Seite vertreten. (Vgl. Georg Quabbe: Tar a Ri. Variationen über ein
konservatives Thema, 2007,S. 176-177).
So manches sakrosanktes Postulat gegenwärtiger Politik ist vor diesem
Hintergrund guten Gewissens in Frage zu stellen. Der letzte Wert dessen, was
konservativ ist, liegt darüber hinaus auch nur sekundär im Politischen. Er ist
in der metaphysischen, subjektiven Innerlichkeit eines jeden Menschen zu suchen,
der unweigerlich und spürbar allein motiviert wird und auf seine Weise handelt,
sich in die Welt eingliedert und demgemäß trotz des Wissens vom konsequenten
emotionellen Alleinsein gegenüber der Außenwelt auch seine Umwelt aktiv nach
eigenen Bedürfnissen anzugleichen, zu formen versucht. Spengler hat seinen
dafür Weg gefunden. Was die wirklichen optimistischen Pessimisten in ihrer
Melange aus Kontemplation und aktivistischem Pathos von seinem Formate auch
heute auszeichnet, ist, daß sie nicht auf der Ebene der oberflächlichen
konsensualen Unverbindlichkeit verharren, sondern ihren Geist und ihre Hände
unter emotionaler Wahrnehmung des existenziellen Fundamentalcharakters des
Lebens zutiefst strapazieren, gar beschmutzen, um eine demgemäße politische
Ordnung zu verstetigen. Es bleibt zu hoffen, daß innovative Menschengruppen
nach vollendeter Lektüre des vorliegenden Werkes von Oswald Spengler zu dieser
Kategorie Mensch aufsteigen.
Fazit
Es ist dies das Buch, welches Furore machen sollte und so machen Philosophen und
Politologen der Gegenwart - nicht nur Samuel P. Huntington mit seiner These vom
"Kampf der Kulturen" - weiterhin beeindruckt, gerade weil es damals
wie heute für viele unabhängige Denker eine intuitiv gefühlte Aktualität in
sich birgt. Es ist deshalb umso begrüßenswerter, daß im Patmos-Verlag mit
diesem Buch inzwischen die zweite Schrift Oswald Spenglers (1880-1936) ganz neu
aufgelegt wird, was natürlich für eine Wende in der intellektuellen
Auseinandersetzung mit Spengler in der deutschen Nachkriegszeit steht, die zum
ersten Mal den Namen "wirkliche Auseinandersetzung" auch verdient.
Vorgeschlagen von Daniel Bigalke
[Profil]
veröffentlicht am 12. Mai 2007 2007-05-12 15:45:41