Die junge Chinesin Nuinui ist kaigui, eine Heimkehrerin aus Übersee. Sie hat an
einer amerikanischen Universität studiert und kann sich nicht entschließen, ob
sie im Ausland oder in ihrer Heimatstadt leben möchte. Auf der Suche nach
einer Entscheidung kehrt sie nach China zurück. Während ihrer Abwesenheit hat
sich China so rasant verändert, dass Niuniu ihre Heimatstadt Beijing kaum
wieder erkennt. Auf die Daheimgebliebenen wirkt Niuniu zunächst wie eine
Ausländerin, doch sie selbst fühlt sich entwurzelt, ist auf der Suche nach
einem Sinn und der großen romantischen Liebe. Ihre Freundinnen halten Niuniu
für eine Bobo, eine individualistische Kosmopolitin.
Die junge Journalistin und ihre Freundinnen Beibei, Lulu und CC sind
Vertreterinnen der xin xin renlei, der ganz neuen Generation. Sie sind reich,
kinderlos, sowie garantiert frei von Emotionen und Verantwortungsgefühl.
Ständig jagen sie den neuesten (US-amerikanisch-geprägten) Trends nach, leben
mit Starbucks, Pornografie und Internet-Bekanntschaften.
Ein Studium im Ausland ist für Annie Wangs oberflächliche Girlies ein reines
Statussymbol, das weder ihrer Bildung noch ihrer Urteilsfähigkeit nutzt.
Wichtig ist nicht, was sie gelernt haben und welchen Beruf sie ausüben, sondern
was sie besitzen, was ihre Clique denkt und das geschickte Platzieren wichtiger
Namen im rechten Moment. Die 29-jährige Niuniu arbeitet in China als
Journalistin. Durch ihre Reportagereisen und Interviews hat sie Einblick in den
Alltag normaler Chinesen. Doch auch für sie scheint Bildung nur aus
Namedropping von Künstler- und Schriftstellernamen zu bestehen. Ihre Einsicht
in die Zusammenhänge zwischen der Verschwendungssucht weniger und der Armut
vieler in China scheint begrenzt. So entscheidet Niuniu eines Tages, dass das
Wohnen in einem der wenigen noch nicht planierten Hutongs in der Beijinger
Altstadt gerade angesagt sei. Nachdenken darüber, warum die Hutongs zerstört
wurden und was mit ihren Bewohnern geschah, kann man von einem Luxusgeschöpf
wie Niuniu nicht erwarten. Was die jungen Frauen tatsächlich arbeiten, zum
Beispiel Beibei in ihrer "Chichi Entertainment Company", erfahren die
Leser nur am Rande.
Die Gespräche der vier Freundinnen sind geprägt von Markenwahn und dem Neid
auf Frauen, die sich einen reichen Ausländer geangelt haben. Menschen sind
austauschbar, Männer ebenso Statussymbole wie Designerhandtäschchen. Doch wenn
ein Lover den Spieß umdreht und Frauen ebenfalls wie Handtäschchen behandelt,
regieren manche darauf extrem beleidigt. Wangs Ich-Erzählerin parodiert
Trends, die unter chinesischen Neureichen angesagt sind, und lässt ab und zu
sogar geringe Spuren politischer und moralischer Standpunkte durchscheinen.
Niuniu spielt gegenüber ihren Freundinnen und gegenüber den Lesern die Rolle
der älteren Schwester, die Geschichte und Gegenwart Chinas erklärt.
Die 1972 geborene Autorin ist selbst Heimkehrerin aus dem kalifornischen
Berkeley. Sie kam zu Beginn der 90er-Jahre wieder zurück in ihre Heimat. Dass
Wangs oberflächliche Luxusgeschöpfe China nur durch das Filter amerikanischer
Werte wahrnehmen können, gibt ihrem Buch für europäische Leser zusätzlich
eine unfreiwillig komische Note.
Fazit
Annie Wang hat ihre Protagonistinnen treffend geschildert, doch ihre aneinander
gereihten Sex-in-the-Chinese-City-Episoden lesen sich streckenweise mühsam. Die
kurzen Kapitel sind kaum durch einen Handlungsstrang miteinander verbunden, zu
einem Roman fehlt den Hauptfiguren die Andeutung einer persönlichen
Entwicklung.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 12. April 2007 2007-04-12 22:49:13