Straßenmagie - damit ist nicht der Charme von urbaner Lagerfeuerromantik
gemeint, sondern die magischen Tricks und Spielereien, mit denen sich Magier in
der vierten Welt von Shadowrun (
Shadowrun Grundregelwerk 4.01D) zur
Wehr setzen können. Nach dem Grundregelwerk ist Straßenmagie der erste
Erweiterungsband und bietet damit Platz für all das, was man schon immer über
Magie wissen wollte und all das, was man eigentlich gar nicht wissen wollte.
Das Buch beginnt mit einem Überblick über die magische Welt und wie sie sich
mit der Zeit verändert hat, sprich: Den Alltag eines Magiers und wie er
wahrgenommen wird. Dabei wird auf Religionen sowohl eingegangen wie auf
rechtliche Standpunkte und wirtschaftliche Aspekte.
Nach einem regeltechnischen Überblick über den magischen Charakter an sich
werden die neuen Regeln für die Erschaffung eigener magischer Traditionen voll
ausgeschöpft und als Beispiel ganze 18 verschiedene Traditionen vorgestellt -
mit Beispielen, wie man diese Liste beliebig erweitern kann. Dabei werden die
Philosophien genauso bedacht wie die regeltechnischen Aspekte.
Danach geht es in die Tiefe: Initiation und Metamagie heißt das nächste
Kapitel, das allerdings fast ausschließlich aus Metatechniken besteht - ein
Pluspunkt allerdings, weil dies bedeutet, dass die Regeln für Initiation recht
simpel gehalten sind. Einziger Minuspunkt hier: Ein paar mehr
Initiationsprüfungen hätten den Regeln ganz gut getan...
"Magische Gruppen" heißt das nächste Kapitel: Dort geht es um genau
diese, ihre Gründung, Aufbau, zahlreiche Beispiele und alles weitere, was man
regeltechnisch benötigt. Dabei verzettelt sich die Redaktion leider ein wenig
sehr in die Regelkritteleien, worunter der mir recht wichtige Aspekt des
Rollenspiels etwas ins Hintertreffen gerät.
Im darauffolgenden Kapitel werden Magische Güter und Taliskrämerei behandelt,
also die Beschaffung, Veredelung und Umwandlung von magischen Materialien und
die Erschaffung von Foki, worauf ein Kapitel über alle Arten von Geistern
folgt, seien es nun Elementargeister oder freie Astralwesen.
Der Astralraum und die Metaebenen heißt das nächste Kapitel: eine recht
theoretische Abhandlung über das Wesen des Manas, der Ebenen und der
Wirkungsweise derselben, wobei versucht wurde, möglichst viel Information in
wenig Platz zu packen - die Kurzbeschreibung von drei Orten der Metaebenen ist
zwar ein netter Appetitanreger, aber ich hätte mir wesentlich mehr
Informationen über die Metaebenen gewünscht.
Mit einem Kapitel über Magische Bedrohungen, also Insektengeister, Shedim und
alles andere, was gerne an Menschen knabbert sowie dem Grimoire (also einer
Auflistung aller Sprüche und Kräfte) endet das Buch.
Fazit
Im Großen und Ganzen muss ich sagen: Gute Arbeit. Es ist nahezu unmöglich, aus
dem ersten Eindruck heraus eine Bewertung abzugeben, ob die Regeln ausbalanciert
und spielbar sind, aber es sieht verdammt gut aus, obwohl die Regeln unter
einigen Kinderkrankheiten leiden: So ist zwar nach wie vor Karma, also
Lebenserfahrung, das beliebteste Zahlungsmittel an Geister, aber muss hierfür
jetzt ein lebenslänglicher (!!!) Geisterpakt eingegangen werden; auch die Idee
längerer Abenteuer auf den Metaebenen wird durch das Konzept von
"Astralschwund" zunichte gemacht, dessen spieltechnischer Sinn sich
mir persönlich nicht entschließt (auch wenn es einige Verhaltensweisen
bestimmter Geister gut erklärt). Einige Aufzählungen, wie
Initiationsprüfungen, fallen recht kurz aus, während andere überflüssig
sind, so haben im Grimore ein Haufen Zauber spieltechnisch genau dieselbe
Auswirkung (Böse Ahnung ist gleich Gestank ist gleich Heisses Eisen ist gleich
Orgasmus ist gleich Schmerz ist gleich Verwirrung ist gleich Viecher...), nur
halt mit verschiedenen Inplay-Auswirkungen. Dies hätte man aber ohne weiteres
in einem kurzen Nebensatz abhandeln können, sodass alle Zauber in einen Zauber
zusammengefasst würden, mit Vorschlägen für Varianten. Dadurch wäre eine
Menge Platz für Interessanteres freigeworden, als dieselbe Zauberbeschreibung
ein halbes Dutzend mal zu lesen...
Aber im Großen und Ganzen: Gute Arbeit.
Vorgeschlagen von Kristian Kühn
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veröffentlicht am 16. März 2007 2007-03-16 18:32:33