Im August 1944, nimmt der Epistelroman "Briefe Liebender im Zeichen der
Zeit" seinen Lauf. Im Vorwort erläutert die Autorin und Hauptfigur
"Hilde" die geschichtlichen und familiären Rahmenbedingungen, die
für das Verständnis des dargelegten Briefwechsels notwendig sind. Die
Personen, die ihr während des Krieges und in der Zeit danach am nächsten
standen und mit denen der häufigste Briefwechsel stattfindet, sind ihre Mutter,
ihre Zwillingsschwester Lolo und ihr Ehemann Herbert Halpaap, den sie inmitten
der Kriegswirren "unter Bomben und Feuersbrunst" (s.9) am 3. Februar
1945 heiratete. Hilde und Lolo verdienten sich ihren Lebensunterhalt und ihr
Studium als Apothekerinnen, die ältere Schwester Annelies widmete sich
hauptsächlich ihrer Familie. Der Tod von Hildes Vater im März 1940 bewirkte
einen bedeutenden Einschnitt, zumal dieses Ereignis vor allem Hildes Mutter
völlig unvorbereitet traf. Nach der Hochzeit der Hauptfigur mit Herbert
Halpaap, einem Pharmaziestudent der zunächst vom aktiven Kriegsdienst
freigestellt war, zogen beide nach Leipzig zu den Schwiegereltern. Herbert
beschloss letztendlich, sich doch zum Kriegsdienst zu melden, da er das
untätige Warten auf ein ungewisses Kriegsende nicht ertragen konnte.
Bereits in den ersten Briefen Herberts aus dem Jahr 1944 an seine geliebte
Hilde, die er nach seinem Abschied schrieb, wird dessen komplexe Gefühlswelt
offenbart. Die ersten Briefe von Hildegard spiegeln ebenso das sehr bewegte
Innenleben einer Liebenden wieder. Diese positiven Emotionen werden jedoch
letztendlich immer wieder durch die kriegsbedingten Schwierigkeiten getrübt.
Die Kommunikation zwischen beiden gestaltete sich mehr und mehr als
hindernisreich, zeitweise sogar als technisch und faktisch unmöglich.
Beschäftigt sich der erste Teil des Buches mit dem Ende des II. Weltkrieges, so
spielt sich der Briefwechsel des 2. Teils unmittelbar nach Kriegsende ab.
Besonders bewegend sind in diesem Teil die geschilderten Überlebenskünste der
Charaktere in jener schwierigen Zeit, in der Menschen in ungeheizten Wohnungen
ausharren mussten und in der das Tauschen von Lebensmitteln und
Lebensmittelmarken als einzige Ãœberlebensstrategie galt.
Der 3. Teil des Romans beginnt mit Herberts Rückkehr aus der
Kriegsgefangenschaft und der Ãœbersiedlung nach Westdeutschland mit seiner Frau,
bei der das Paar von einer russischen Patrouille überfallen wurden (S.95).
Hilde konnte glücklicherweise in der Liebe und Fürsorge ihres Mannes einen
stetigen Halt finden, der ihr bei der Bewältigung dieses und anderer negativen
Erlebnisse eine wichtige Stütze bot. Weitere Glücksmomente bewirkten die
Geburten der drei Kinder Irmlind, Karla und Reinhard inmitten der trostlosen
Nachkriegszeit.
Immer wieder deutlich wird der Kampfesgeist Hildes, um ihre Familie emotional
aber auch materiell zu stützen. Da sie in Braunschweig, wo Herbert bereits an
der TH arbeitete, keine Anstellung fand, nahm sie eine Stelle als Apothekerin in
Nörten-Hardenberg an, was eine erneute Trennung von ihrem Mann, aber auch von
ihren Kindern bedingte. Ihre Schweigereltern kümmerten sich in dieser Zeit um
Irmlind und Karla, der erst ein-jährige Reinhard wurde durch Hildes ältere
Schwester Anneliese betreut. Zuletzt übte Hilde den Beruf der Apothekerin in
Königslutter aus. Durch einen Stellenwechsel ihres Mannes zog die Familie
letztendlich im Jahre 1954 nach Darmstadt, wo Hilde ihre beruflichen Ziele
zurücksteckte, um sich voll und ganz ihrer Familie zu widmen (6.Teil).
Fazit
Die Hauptfigur und Heldin dieses spannenden Briefromans beweist, dass bereits
während der entbehrungsreichen Nachkriegszeit der Spagat zwischen Familie und
Beruf besonders schwierig war. Sie zeigt aber vor allem, dass er dennoch
möglich ist, solange man den Glauben daran trotz der äußeren Umstände nicht
verliert. Die damalige Entschlossenheit der Menschen, trotz aller Hindernisse
Familien zu gründen und aufrecht zu erhalten wirkt gerade im heutigen
Deutschland, in dem trotz des allgemeinen Wohlstandes Jahr für Jahr einen
Rückgang der Geburtenraten verzeichnet wird, geradezu als beispielhaft
Vorgeschlagen von Lilian Grimm
[Profil]
veröffentlicht am 08. Februar 2007 2007-02-08 20:55:52