Ein anonymer Anrufer sorgt für Verwirrung und Irritation.
Birgit Vanderbeke ist eine interessante Autorin, die über eine sehr genaue
Beobachtungsgabe verfügt und diese stilsicher umzusetzen vermag. Die
Beschreibungen menschlichen Verhaltens sind detailfreudig, spielen mit der
Klaviatur der Stimmungen und Launen und sind meistens zutreffend.
In diesem kleinen Buch wird der Alltag einer Schriftstellerin beschrieben, deren
Leben durch einen anonymen Anrufer mehr und mehr in Unordnung gerät. Trotz der
telefonischen Beschimpfungen, deren Gründe nicht eruierbar sind, geht das Leben
natürlich weiter. Die Autorin trifft ihren literarischen Agenten
Meyer-Bromberger in der Sushi-Schnellabfertigungs-Bar, denkt darüber nach wie
sie ihrer pubertierenden Tochter den Wunsch nach einer Tätowierung ausreden
könnte und plant ihre Tagesabläufe. Neben all diesen Alltäglichkeiten spürt
sie jedoch die Angst im Rücken und fühlt sich ständig beobachtet. Nur beim
Hören der Musik ihres Ehemannes Serge kann sie abschalten. Dabei fällt ihr
jedoch unweigerlich Eddie ein, der geniale Geigenspieler, der gemeinsam mit
Serge "Blue Heaven" komponierte. Eddie hat sich umgebracht - und die
Gründe für den Suizid dieser musikalischen Legende blieben ungeklärt.
Irgendjemand muss ihn verraten haben. Er wurde abgehängt. Einfach abgehängt.
Und genau wie diese Parallelfigur leidet auch die Protagonistin unter der
beständigen Gefahr verraten und abgehängt zu werden.
Fazit
Birgit Vanderbeke beweist auch hier wieder viel Humor und an vielen Stellen ist
das Buch wirklich wunderbar geschrieben. Allerdings wird man manchmal das
Gefühl nicht los, dass es mit der schnellen Feder gestrickt wurde. Meine
persönlichen Favoriten bleiben deshalb "Alberta empfängt einen
Liebhaber" und "Ich sehe was, was du nicht siehst".
Vorgeschlagen von Heide John
[Profil]
veröffentlicht am 15. Oktober 2006 2006-10-15 17:27:27