Immer mehr Kinder erleben Gewalt in der Schule. In das Bewusstsein der
Öffentlichkeit drängt diese Tatsache meistens nur dann, wenn wieder einmal ein
ganz spektakulärer Fall in den Medien diskutiert wird. Dann horcht man auf.
Vielfach aber geschieht diese Gewalt im Verborgenen, ist für manches Kind
tägliches Leid. Sich gegen dieses Leid zu stellen, hat sich die Autorin
Elisabeth Zöller zum Ziel gesetzt. Mit ihren "Geschichten gegen
Gewalt" will sie Wege aufzeigen, wie man diesem zerstörerischen Kreislauf
entrinnen und wieder ein ganz normales Leben führen kann - ohne Schläge und
Drangsalierungen von Mitschülern und Klassenkameraden.
"Jetzt bist du dran!" heißt eines ihrer Bücher gegen Gewalt, das im
Loewe-Verlag erschienen ist. In sechs kurzen Geschichten erzählt die Autorin,
die heute mit ihrer Familie in Münster lebt, von Kindern, die von
Gleichaltrigen gehänselt und geärgert, die geschlagen, getreten und geschubst
werden. Zuerst wissen die Kinder nicht, wie sie den Situationen entfliehen
sollen. Sie benötigen Hilfe. Sogar dringend.
Während die einen Hilfe durch Lehrer und Freunde erfahren, versuchen sich
andere auf ihre eigenen Stärken zu besinnen und sich selbst aus der
unangenehmen Situation zu befreien, beispielsweise wie Felix, der wahre
detektivische Fähigkeiten entwickelt, um der gemeinen Nicola auf die Schliche
zu kommen. Manchmal sind die Wege ungewöhnlich, wie bei der dicken Dina, die
eigentlich eine ganz dünne Haut und bislang ihre Wut immer nur
"runtergeschluckt" hat. Immer aber wird deutlich, dass man irgendwann
laut "Stopp" rufen muss, um sich gegen die, die ärgern und quälen zu
wehren.
Elisabeth Zöller hat ihren sechs Geschichten noch ein "Wörterbuch der
wirklich Starken" nachgestellt. Hier werden Begriffe erläutert wie
"stark" und "scheinstark" und was sie für die einzelnen
Gruppen bedeuten können. Ebenso zweideutig wie einige der im
"Wörterbuch" aufgeführten Begriffe ist auch der Titel dieses Buches
"Jetzt bist du dran!". Zum einen beinhaltet der Satz eine Drohung:
"Jetzt machen wir dich fertig". Zum anderen kann man aber - ganz nach
der Intention der Autorin - ihn als Aufforderung verstehen: Jetzt bist du dran
etwas zu verändern! Eine Wortspielerei, über die man durchaus im
Klassenverband auch einmal diskutieren kann.
Zum anderen wird in diesem "Wörterbuch der wirklich Starken" noch
einmal kurz und prägnant aufgezeigt, dass man einfach laut schreien und Hilfe
herbei holen muss - und dass dieses beim besten Willen nichts mit Petzen zu tun
hat! Denn solche Begriffe werden vor allen Dingen von jenen gebraucht, die
ärgern und gewalttätig sind. Schließlich wollen sie ja nicht, dass jemand
redet, denn dann würde ihr eigenes Fehlverhalten ja aufgedeckt!
In einem Nachwort für Eltern und Lehrer zeigt die Autorin gemeinsam mit einer
Ärztin und einem Sozialpädagogen noch einmal auf, wie wichtig es ist, Kinder
stark zu machen und sie auf dem Weg in eine gewaltfreie Zukunft zu begleiten.
Fazit
Das Buch ist bereits für Grundschulkinder geeignet. Vielleicht sogar als
Klassenlektüre in Gemeinschaften, in denen es bereits zu Übergriffen
gegenüber Mitschülern gekommen ist. Denn je früher man beginnt, gegen Gewalt
zu arbeiten, desto besser ist es für alle - für "Ärgerer" ebenso
wie für diejenigen, die geärgert und gehänselt werden.
Vorgeschlagen von Martina Meier
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veröffentlicht am 28. Juli 2006 2006-07-28 12:18:12