Wer behauptet, man könne kein politisches Buch schreiben, welches auch
Jugendliche mitreißt, der täuscht. Kirsten Boie stellt das nämlich mit ihrem
Roman "Skogland" in bester Manier unter Beweis. Ein Werk, das
mitreißt, das verzaubert, das spannend ist und das man kaum aus der Hand legen
mag, hat man die ersten Seiten erst gelesen.
Kirsten Boie erzählt ihre Geschichte in zwei Handlungssträngen, die
zwischenzeitlich miteinander verschmelzen. Zum einen ist da das Mädchen Jarven
in Deutschland, die mit ihrer überängstlichen Mutter alleine lebt und viele
Dinge nicht tun darf, die andere Mädchen mit 13 oder 14 Jahren schon
unternehmen dürfen. Eines Tages aber setzt sie sich gegen den Willen ihrer
Mutter durch und nimmt an einem Film-Casting teil.
Auf der anderen Seite wird die Geschichte Malenas beleuchtet. Sie ist ungefähr
gleich alt wie Jarven, lebt als Prinzessin in Skogland und hat gerade erst ihren
Vater, den König, verloren. Nun hat sie nur noch einen lebenden Verwandten,
ihre Onkel Norlin, der im Namen der kleinen Prinzessin die Amtsgeschäfte
führt. Doch eines Tages verschwindet Malena ganz plötzlich.
Jarven hat es tatsächlich geschafft! Sie soll die Hauptrolle in dem Film
spielen und wird von den Leuten, die das Casting organisiert haben, nach
Skogland gebracht. Natürlich mit der Zustimmung von Jarvens Mutter, die per SMS
ihrer Tochter noch viel Spaß wünscht. In Skogland steht noch einmal eine
Bewährungsprobe für Jarven auf dem Programm. Sie soll bei den offiziellen
Geburtstagsfeierlichkeiten für Prinzessin Malena deren Platz übernehmen. Schon
bald muss Jarven feststellen, dass in Skogland einiges nicht mit rechten Dingen
zugeht.
Zwei Dinge, so heißt es auf der Internetseite der Autorin, seien Kirsten Boie
beim Schreiben ganz besonders wichtig: Zum einen, dass Literatur für Kinder
auch Literatur sein sollte; zum anderen, dass darüber nicht vergessen wird, an
wen sie sich richtet, dass sie also Literatur für Kinder ist. Beide Facetten
hat Kirsten Boie mit ihrem Roman "Skogland" sicher hervorragend
getroffen. Doch das Buch kann nicht nur junge Leser in den Bann ziehen, das sei
allen versichert, die oft genug achtlos Kinder- und Jugendliteratur wieder aus
den Händen legen. Denn "Skogland" ist mehr als nur "nette
Unterhaltung". Es ist ein Buch über tiefgreifende gesellschaftliche
Probleme, die in dem Roman so aufgearbeitet werden, dass wirklich jeder
versteht, worum es geht.
Skogland nämlich ist zweigeteilt. (Woran mag uns das bloß erinnern?) Im Norden
leben die Skogen dunkler Haar- und Hautfarbe, die weitaus weniger Rechte
genießen als jene, die im Süden leben. Diese Skogen sind blond und blauäugig
und haben es verstanden, die Bodenschätze und menschlichen Ressourcen des
Nordens bestens für sich auszunutzen. Die Bewohner des Südens sind reich und
haben die politische Macht inne. Doch der König will Veränderungen. Er hat,
wenn auch spät, die Zeichen der Zeit erkannt, und möchte jenen Menschen mehr
Rechte geben, die bislang in seinem Land unterdrückt wurden.
Das stößt natürlich längst nicht bei allen Südskogen auf Gegenliebe. Und es
gibt sogar einige aus dem Norden, denen dieses Vorhaben des Königs so gar nicht
gefallen möchte. Den rechten Weg zu finden ist also gar nicht so einfach...
Boies Roman allerdings ist nicht nur vor einem politischen Hintergrund zu lesen.
Er ist Krimi und Thriller in einem, spannend bis zur letzten Minute und sogar
darüber hinaus. Natürlich gibt es ein "Happy End". Klar, gerade
junge Leser lässt man zum Ende eines Buches nicht einfach so im Regen stehen.
Aber das Ende macht auch deutlich, dass mit dem positiven Ausgang noch längst
nicht alle Probleme Skoglands bewältigt worden sind. Dass es wichtig ist, auch
in Zukunft darüber nachzudenken, wie man Probleme wie Diskriminierung,
Rassismus, aber auch wie man Gewalt und Rebellion angehen an. Wie jeder einzelne
in der Gesellschaft sich seinen Platz erobern kann - ohne dies auf Kosten
anderer tun zu müssen. Ein Buch, das zu wunderbar tiefgreifenden Diskussionen
führen kann.
Fazit
Es sei mir an dieser Stelle eine ganz persönliche Bemerkung gestattet: Ich habe
selten ein Buch gelesen, das mich so tief bewegt hat wie dieses Buch von Kirsten
Boie. Ein wundervolles Werk, das ganz besonders gewürdigt werden sollte.
Vorgeschlagen von Martina Meier
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veröffentlicht am 26. Juli 2006 2006-07-26 15:31:20