Irgendwo, in einer nicht allzu fernen Zukunft.
Der Feuerwehrmann Guy Montag ist ein diensteifriger und beliebter Mensch. Seine
Arbeit besteht darin, Bücher zu verbrennen. Ansonsten ist er ein netter Kerl.
Er lebt in einer Welt voller netter Menschen. Alles ist groß und schnell und
laut und bunt. Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt es nicht mehr, im Gegenteil:
Man kann wegen Langsamfahrens oder wiederholtem Spazierengehens verhaftet
werden.
Guy Montag hat eine Frau. Ihr Eheleben besteht im wesentlichen darin, auf drei
(hoffentlich bald vier) großen Fernsehwänden dümmliche Soaps zu betrachten.
Guy Montag ist glücklich. Jedenfalls glaubt er das. Nein, um es genauer zu
sagen: Er hat sich darüber nie Gedanken gemacht.
Bis er eines Tages von dem scheuen und etwas seltsamen Nachbarmädchen danach
gefragt wird. Ob er glücklich sei. Seltsame Frage. Guy Montag beginnt, darüber
nachzudenken. Er beginnt, ein paar Dinge in Frage zu stellen. Schließlich geht
er sogar so weit, daß er ein paar Bücher nicht verbrennt, sondern sie mitnimmt
und - liest.
Eine Zeit lang läßt man ihn gewähren. Sein Chef besucht ihn. Er erklärt ihm,
warum Bücher verboten sind: Sie bringen die Leute ins Grübeln, und Grübeln
macht unglücklich. Sport macht glücklich. Also weg mit den Büchern! Ab ins
Stadion!
Guy Montag ist nicht mehr so leicht zu überzeugen. Schließlich soll er sein
eigenes Haus "säubern" - und flieht, einige Bücher im Gepäck. Das
Fernsehen überträgt live die Jagd auf ihn - als er schließlich den Rand der
Stadt erreicht hat, erklärt man ihn für tot, sendet eine actionreiche
Schlußszene, und ...
... tja, also, alles werde ich ja nun auch nicht verraten!
Dystopien, negative Utopien, sind eine Untergattung der Science Fiction. Zu den
Klassikern des Subgenres zählen auch Aldous Huxleys "Schöne neue
Welt" (Brave New World),
Margaret Atwoods "Der Report
der Magd" (The Handmaids Tale; vergesst den Film) und
George Orwells "1984".
Bradbury schreibt ziemlich unaufgeregt, baut nur wenige technische Gimmicks ein
und erzählt mit viel Einfühlungsgefühl die Geschichte seiner Figuren.
Natürlich wird vor Fehlentwicklungen gewarnt, aber nie derart theoretisch
untermauert wie in "1984", nicht so plakativ wie in "Brave New
World". Bradbury belehrt den Leser nicht, er erzählt ihm einfach nur seine
Geschichte und überläßt ihm das Ziehen von Schlüssen.
Im Grunde ist der Roman Bradburys Liebeserklärung an die Bücher. Die
"schöne neue Welt" erscheint ebenso schön und berauschend wie kalt
und sinnlos. Es werden keine Cyberpunk-Klischees herangeholt, die ganze
Erzählweise wirkt etwas behäbig, auf wohltuende Weise - altmodisch.