Fidel Castro ist nach wie vor eine der charismatischsten und schillerndsten
politischen Staatslenker dieser Welt. Nach wie vor geht von dem Begründer des
sozialistischen Kuba eine große Faszination aus. Die vorliegene Biographie
beschreibt seinen Lebensweg und vor allem die Charaktereigenschaften dieses
Mannes, der willensstark, intelligent, ehrgeizig, machtbewußt aer auch
rachsüchtig erscheint. Seit 1959 an der Spitze Kubas stehend, ist er zum Symbol
des Widerstandes gegen die USA aufgerückt und inzwischen ein Mythos geworden.
Diese Biographie bringt gegenüber früheren Lebensdarstellungen Fidel Castros -
etwa der von Bourne oder Skierka - nichts wesentlich neues. Sie ist flott
geschrieben und konzentriert sich auf das Wesentliche, wobei mir die
Innenpolitik Kubas unter Castro zu kurz kommt. Bei Sätzen wie: "Fidels
Auftrit macht die Menschen jedoch nicht zufriedener mit ihren
Lebensumständen" hätte ich gerne mehr darüber gehört. Die Autoren
suggerieren aber nur wenig mit Zahlen und Fakten und blenden den Alltag der
Kubaner aus.
Auch die Kuba-Krise wird m.E. eher oberflächlich behandelt, während die
Beziehungen Kubas zu den USA ansonsten gut referiert werden.
Woran liegt dies? Meines Erachtens daran, dass - und dies ist mein
Hauptkritikpunkt an dem Buch - die Proportionen nicht stimmen. Von den 270
Seiten der Biographie beschreiben 112 Seiten den Aufstieg Castros bis zur
Machtübernahme im Januar 1959, der relativ ausführlich geraten ist. 153 Seiten
verbleiben dann für den "Rest", die Zeit von 1959 bis 2006 - und
genau hier wird es stellenweise - besonders in der Innen- und Wirtschaftspolitik
- recht oberflächlich.
Dennoch erhält der Leser nicht nur ein Bild dieser komplexen und
vielschichtigen Persönlichkeit, sondern es wird auch auf mögliche Nachfolger
und auch auf Szenarien eingegangen, wie sich die USA nach dem Tode Castros
verhalten könnten.
Insgesamt ist mir das Bild Castros jedoch zu positiv gezeichnet, die
diktatorischen Elemente seiner Herrschaft und die Unterdrückung der
innenpolitischen Gegner kommt mir zu kurz.
Fazit
Fazit: Als Einführung für Laien ist diese Biographie insgesamt nicht schlecht,
wenn ich auch die Biographien von Skierka und Bourne (letztere stammt aus dem
Jahre 1990 und ist eher für die Zeit zwischen 1959 und 1990 noch lesenswert)
dieser Biographie vorziehe, da sie mehr auf die Politik des "Maximo
lider" in seinem eigenen Land, also die Zeit nach 1959, eingehen.
Für die wissenschaftliche Forschung hingegen ist die Biographie m.E. nicht
tiefgründig genug, auch hier scheinen mir die Darstellungen Skierkas und
Bournes eher geeignet zu sein, den Forschungsstand wiederzugeben.
Aber: die vorliegende Lebensbeschreibung ist gut lesbar und daher als erste
Einführung in das Leben des kubanischen Revolutionsführers dennoch brauchbar.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 23. Juli 2006 2006-07-23 16:28:51