Wo die Liebe hinfällt, da passieren manchmal ganz merkwürdige Dinge! Das muss
auch das Mädchen Thora feststellen. Sie ist doch tatsächlich die Tochter einer
Meerjungfrau und eines Menschen und dazu auserkoren, an Land und im Wasser zu
leben. Nur wenn ihre Mutter Halla es schafft, den Spagat zwischen diesen beiden
Welten mit ihrem Kind zu bewältigen, können Mutter und Tochter überleben.
Schafft sie es nicht, so die Prophezeiung, dann wird es den beiden ergehen wie
einst Thoras Vater, der von heute auf morgen für immer verschwand. Niemand hat
ihn je wiedergesehen. Dieser schreckliche Fluch wurde verhängt, weil sich
Meerjungfrauen eben nicht mit Menschen vermählen dürfen.
Doch Halla schafft es - mit Hilfe eines älteren Herren, der sich Mr. Walters
nennt und der kleinen Familie schon wenige Tage nach Thoras Geburt zur Seite
steht, die fast unmöglich scheinenden Grenzen zu überwinden. Die ersten zehn
Jahre ihres Lebens verbringt Thora vor allen Dingen im Element Wasser. Ihre
Mutter, die sich ein besonderes Kostüm anzieht, um ihren Meerjungfrauenschwanz
vor den Menschen zu verbergen, wird ein gefeierter Schwimmstar. Nur so kann sie
diese Aufgabe erfüllen, denn Meerjungfrauen können ja bekanntlich nicht an
Land leben.
Nach zehn Jahren aber ist es die Aufgabe von Mutter und Tochter, das Leben an
Land zu erkunden, so will es der Fluch! Während Thora in dem kleinen
Hafenstädtchen Grimli ein neues Zuhause findet, zieht ihre Mutter Halla auf
einen nahe gelegenen Felsen. Schon bald werden die Behörden aktiv, um eine
Pflegefamilie für Thora zu finden. Man ist der Meinung, dass ein zehnjähriges
Mädchen unmöglich alleine leben kann.
Wie stark Thora wirklich ist, zeigt sich, als ihre Mutter Halla in große Gefahr
gerät. Da ist es gut, dass Thora in Grimli schon einige gute Freunde gefunden
hat. Doch es gibt auch einen bösen Widersacher - Frutti die Mare, der einfach
keine Skrupel kennt.
Thora Meermädchen ist der erste Band einer Trilogie, die die Autorin Gillian
Johnson bei rororo rotfuchs vorlegt. Die Geschichte erzählt von einem Mädchen,
dass außerhalb der normalen Gesellschaft steht, aber mit seinen zehn Jahren
schon genau weiß, was es will - und das auch durchsetzt! So weiß Thora
beispielsweise ganz bestimmt, dass sie nicht in einer Pflegefamilie leben
möchte und geht unbeirrt ihren eigenen Weg.
An manchen Stellen des Buches erinnert Thora Meermädchen mit ihren frechen
Aussprüchen und ihrem Selbstbewusstsein sogar an Pipi Langstrumpf, die kleine
Rebellin der Kinder- und Jugendbuchliteratur.
Eine Besonderheit dieses 223 Seiten starken Buches von Gillian Johnson ist, dass
die Geschichte in insgesamt 53 (!) Kapiteln erzählt wird. So gelingt es der
Autorin viele verschiedene Facetten von Thora, den Freunden oder Frutti di Mare
zu beleuchten. Diese doch eher ungewöhnliche Aufteilung hat für kleine
Lesemuffel den Vorteil, dass sie sich nicht seitenlang durch ein Kapitel
"kämpfen" müssen, sondern zügig durchkommen. Das mag ein besonderer
Anreiz sein, das Buch zur Hand zu nehmen. Sehr viel wörtliche Rede sowie zum
Teil recht kurze Sätze stützen diesen Ansatz ebenfalls.
Und noch eines zeichnet dieses Buch aus: Die Fröhlichkeit, mit der doch
eigentlich eine recht traurige Geschichte erzählt wird. Denn immerhin geht es
für Thora und ihre Mutter Halla ums Überleben. Doch diese Dramatik, sprachlich
und erzähltechnisch so leicht präsentiert, wirkt nie bedrohlich auf den Leser.
Vielleicht deshalb, weil eine stark negativ besetzte Person (Frutti di Mare)
tatsächlich alle negativen Gefühle auf sich zieht.
Fazit
Ein Buch für kleine Leseratten und solche, die es werden möchten, ab acht
Jahren.
Vorgeschlagen von Martina Meier
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veröffentlicht am 16. Mai 2006 2006-05-16 13:19:10